20 Jahre Schwarzfunk: Holygram + Then Comes Silence

Holygram

24. November 2017

NÜRNBERG, DER CULT

Am Abend des 24. November 2017 wurde nicht etwa das 20jährige Bestehen einer mehrheitlich der CDU/CSU zugewandten öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt gefeiert, sondern die 1997 erstmalig und seither regelmäßig im Programmplan des Radio Z unter dem Begriff „Schwarzfunk“ verankerte Sendung. Jeden dritten Freitag im Monat schlägt man von 22 bis 24 Uhr auf 95,8 MHz den musikalischen Bogen von Dark Wave, Electronica und Indietronics über EBM, Industrial, 80er, Synthiepop bis hin zu Neofolk, Punk, Gothic und Alternative.

Herzlichen Glückwunsch Schwarzfunk!

Wer es noch nicht per weltweitem Datennetz erfahren hatte, wurde am Einlass über die krankheitsbedingte Absage der für die Geburtstagsfeier angekündigten Band „Bleib modern“ informiert. Doch ein „glücklicher“ Umstand – zumindest für die Nürnberger Konzertbesucher – sorgte kurzfristig für gleichwertigen Ersatz. Weil ein für diesen Abend geplanter Auftritt der Band „Then Comes Silence“ in Leipzig gestrichen wurde, konnten die Schweden in Nürnberg auf der Bühne stehen.

Anders als es der Bandname vielleicht suggerieren könnte, war das Konzert keineswegs von Stille geprägt. Die Worte „Then Comes Silcence“ stehen vielmehr für die Dunkelheit, die der Musik innewohnt und spiegeln ein Stückweit die Vergänglichkeit allen Seins wider. Melodien und Worte sind durchsetzt von der Faszination für die Endlichkeit. Mit der Gewissheit, dass am Ende der Tod und damit die absolute Stille warten, kreieren die Skandinavier eine Art psychedelischen Gothic Rock. Schnell bauten die energiegeladenen wie schwermütigen Klänge eine wunderbare Atmosphäre auf. Die gut strukturierten und eingängigen Stücke warfen ihr musikalisches Netz aus, um die Anwesenden einzufangen. Aufgrund der treibenden Rhythmik nickten die Köpfe und die Füße wippten unweigerlich im Takt. „Then Comes Silence“ stehen für intensive und kraftvolle Rockmusik voller dunkler Melancholie und Zugänglichkeit. Die Spielzeit von etwas über eine Stunde verging wie im Flug. Noch mag sich die Bekanntheit der schwedischen Formation in Grenzen halten – trotz vier Veröffentlichungen seit der Gründung im Jahr 2012. Aufgrund dieses Auftritts bin ich jedoch zuversichtlich, dass sich dieser Umstand in naher Zukunft ändern wird.

Nach einer überschaubaren Umbaupause entführten „Holygram“ in schwelgerische Klangwelten, die sie selbst mit den Worten „Music for the lost“ treffend beschreiben. Die Kölner Band, die sich beim diesjährigen Wave-Gotik-Treffen in Leipzig bereits vor einem größeren Publikum mehr als nur behaupten konnte, präsentierte melancholische Musik, die Sehnsüchte weckte und fragile Bilder vor das geistige Auge projizierte. Erinnerungen an den Wave und Post-Punk der 80er Jahre wurden geweckt. Von der fortwährend und der gedankenschweren Stimmung perfekt angepasst in kaltes Blau getauchte Bühne „waberten“ den Zuhörern tiefe Basslinien und gefühlvolle Gitarrenmelodien entgegen, denen man sich mit geschlossenen Augen hingebt konnte. „Holygram“ blicken im Vergleich zu „Then Comes Silence“ auf eine weniger „beeindruckende“ Diskografie zurück, aber nichtsdestotrotz bot man einen nicht minder stimmungsvollen und mitreißenden Auftritt, der mit knapp 40 Minuten leider recht kurz ausfiel.

Doch wer noch nicht genug hatte, wurde daraufhin von den DJs getreu der musikalischen Ausrichtung des „Schwarzfunk“ genreübergreifend versorgt.

Fotos: Marcus Rietzsch

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