Live in Berlin: And One + Camouflage + De/Vision

12. November 2011

BERLIN, COLUMBIAHALLE

Voll neugieriger Erwartung begaben wir uns am Samstag, den 12. November gegen 17 Uhr zur ausverkauften Berliner Columbiahalle: Wie werden sich „And One“ in der neuen „alten“ Zusammensetzung präsentieren? Erst vor einigen Monaten hat Frontmann Steve seine „Mitstreiter“ aus früheren Jahren – Rick und Joke – zurück ins Boot geholt. Zuvor jedoch sollten ein „Support-Act“ und zwei „Special-Guests“ den Massen einheizen. Somit konnte man ganz locker von einem Synthie-Pop-Festival sprechen. Den Anfang machten die vor sechs Jahren gegründete und somit jüngste Band an diesem Abend „X-Divide“ (die für die ursprünglich angekündigten „Minerve“ an den Start gingen). Zu diesem Zeitpunkt war in der Halle hier und da noch ein freies Plätzchen zu finden, doch der Raum wurde zunehmend knapper. Es folgte das Duo „De/Vision“ (gegründet 1988), das einen Großteil des Publikums nach einigen Titeln auf ihre Seite ziehen konnten. Die Stimmung war zu dieser nachmittäglichen Stunde schon überraschend gut. Bei der Qualität der auftretenden Künstler aber eigentlich kein Wunder. Und die Pausen zwischen den einzelnen Bands wurden erfreulich kurz gehalten. Spätestens beim anschließenden, etwa einstündigen Auftritt der deutschen Synthie-Pop-Pioniere „Camouflage“ schien die Columbiahalle – eingeteilt in drei Zonen (ein Bereich vor der Bühne, Oberrang und ein normaler Bereich) – langsam aus allen Nähten zu platzen. Das Durchschnittsalter der Lauschenden dürfte deutlich über 30 gelegen haben. Die Stimmung kann dennoch als jugendlich bezeichnet werden. Es war schon ein amüsanter Umstand, 1,90 Meter große, kräftige, erwachsene Kerle inbrünstig und aus voller Kehle die eine oder andere „Synthie-Pop-Schnulze“ singend zu beobachten. Aber zurück zu den drei Herren von „Camouflage“, die durch einen Gitarristen und einen Schlagzeuger unterstützt wurden. Besonders punktete man – wie sollte es auch anders sein – mit den Klassikern „Love Is A Shield“ und „The Great Commandment“. Viele Anwesende sahen sich hier zurückversetzt in die 80er Jahre und in die eigene Kindheit bzw. Jugend. Aber auch neuere Titel wie „We Are Lovers“ wurden begeistert aufgenommen.

Den krönenden Abschluss bildeten die bereits erwähnten „And One“, die schon mit dem ersten Titel „Techno Man“ die Halle zum Beben brachte. Der Bühnenhintergrund gestaltete sich in einem augenfreundlichem Schwarz (was bei „And One“ je keine Selbstverständlichkeit darstellt). „Back Home“ stand dort zu lesen. Zurück nach Hause, nach Berlin, zu den Wurzeln. Die Keyboards standen frei. Und wurden scheinbar auch wirklich live gespielt (kleinere Fehlgriffe sind somit verziehen). Der Rhythmus hämmerte mit viel Temperament. Joke Jay, der auch schon mal den Hauptgesang übernahm, hatte wie zu früheren Zeiten hinter der Drumstation Platz genommen. Rick Schah wurde durch Herrn Wieditz aus Hamburg an den Keyboards unterstützt. Sozusagen als eine Art Arbeitsteilung.

Viele der beliebtesten Songs wie beispielsweise „Deutschmaschine“, „Military Fashion Show“, „Für“, „Metalhammer“ oder „Get You Closer“ erfreuten das Publikum und oftmals wurde Steve auf der Bühne beinahe von den Gesängen der Fans übertönt. Eine gelungene Zwiesprache. Aber auch bisher unveröffentlichtes Material („Memory“ und „Wounds“) fanden den Weg auf die Setlist. Sänger Steve suchte den Kontakt zu seinen Anhängern und aufgrund seiner humoristischen und teils albernen Ader flogen ihm die Sympathien zu. Romantische Titel und Härteres wechselten sich ab. Ebenso fehlten selbstverständlich die obligatorischen Coverversionen nicht. So unter anderem „The Walk“ (ursprünglich von „The Cure“) und „Timekiller“ („Project Pitchfork“). Hörenswert auch die Verschmelzungen von eigenen Titeln mit Fremdkompositionen. „Wasted“ bildete eine Symbiose mit „Personal Jesus“ („Depeche Mode“). Und auch „Krieger“ und „Sweet Dreams“ (von „Eurythmics“) gingen eine gelungene „Beziehung“ ein. Aber noch nicht genug der Interpretation fremder Titel. Überraschenderweise betrat Eskil Simonsson von „Covenant“ als Gast die Bühne und trug den „Leiermann“ in etwas ungewöhnlicher Art vor. Hoffentlich präsentiert er sich bei der an diesem Abend angekündigten gemeinsamen Tour mit „And One“ in einer etwas besseren Verfassung. Ja, „Covenant“ werden „And One“ auf der „Cover For The Masses“-Tour (50 % der Titel werden „Depeche Mode“-Stücke sein) im nächsten Jahr als Special Guest begleiten. Der Forderung nach Zugaben wurde mehrmals nachgekommen. Und so beschloss man den etwa zweieinhalbstündigen Auftritt mit den albernen Stücken „Klaus“ und „Pimmelmann“, bei denen fast der ganze Saal die Texte mitzubrüllen schien. „And One“ sind und bleibt eine wunderbare Live-Band, die vielen Liebhabern klassischer Synthie-Pop-Klängen einen grandiosen Abend bereitet haben.

Text: Edith Oxenbauer & Marcus Rietzsch

Fotos: Marcus Rietzsch

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