Ein Spaziergang über Gents historischen Friedhof Campo Santo

Im Genter Ortsteil Sint-Amandsberg befindet sich der 1847 von Pfarrer Jozef van Damme eröffnete Friedhof Campo Santo. Der Name leitet sich vom Campo Santo dei Teutonici e dei Fiamminghi in Rom ab, was wörtlich „Heiliges Feld der Deutschen und der Flamen“ bedeutet.

Der erste Eindruck

Wer den Friedhof aus südlicher Richtung ansteuert, wird zunächst vom Anblick des Alten Rathauses von Sint-Amandsberg gefangen genommen. Dieses neugotische Juwel, errichtet zwischen 1880 und 1883, beeindruckt durch seine architektonische Schönheit.

Frühlingserwachen

Während meines Besuchs im März blühten bereits einige Bäume und die Blütenblätter großer Magnolien bildeten auf dem Rasen einen hellen Teppich. Die Aussicht vom 19 Meter hohen Hügel, auf dem die spätbarocke, im Jahr 1720 erbaute Kapelle des Heiligen Amandus thront, ist zwar nicht spektakulär, bot aber einen guten Überblick über den Friedhof. Vom nördlichen Teil aus betrachtet bilden Kapelle, Rathaus und der Turm eines Schulgebäudes ein sehenswertes Panorama.

Melancholie und Vergänglichkeit

Auffällig ist die Vielzahl an Kreuzen, die in den Himmel ragten, sowie die steinernen Sarkophage. Viele der Grabmale zeugen von vergangenen Epochen und tragen die Zeichen der Zeit: Kleine Jesusfiguren hängen schief an ihren Kreuzen und die auf einigen Grabsteinen angebrachten Fotografien Verstorbener sind verblichen oder aus ihren Rahmen gefallen. Diese Details verliehen dem Friedhof eine melancholische Atmosphäre und erinnerten daran, wie vergänglich das Leben ist.

Ungewöhnliche Kunstwerke

Neben den klassischen Motiven wie Engel und Trauernde findet man auf dem Friedhof auch ungewöhnliche und moderne Darstellungen mit rätselhafter Bedeutung. Unbedingt erwähnt werden muss hierbei die Skulptur eines hundeähnlichen Wesens, das in aufrechter Haltung einen Bogen hält und auf dem Rücken einen Sack trägt, aus dem Vogelbeine herausragen. Weitere Beispiele sind die Darstellung einer Hand, die fünf betende Kinder in sich hält – ein Symbol für göttlichen Schutz und Fürsorge – sowie die auf einem Bücherstapel stehende, lächelnde Gestalt mit einem Tierkopf, vermutlich einem Fuchs.

Historische Vielfalt

Die Grabmale, von denen über 130 unter Denkmalschutz stehen, zeigen die stilistische Entwicklung von der Neogotik über den Eklektizismus bis hin zu Art Nouveau und Art Deco. Der Campo Santo blickt auf eine lange Geschichte zurück und ist noch heute in Gebrauch. Hier finden sich auch die Gräber belgischer Prominenter des 20. Jahrhunderts, wie zum Beispiel Luc De Vos, dem Frontmann der Rockband Gorki.

Fazit

Der Campo Santo im belgischen Gent mag nicht der atemberaubendste Friedhof sein, den ich bisher besucht habe, doch durch den Hügel mit seiner Kapelle, den verschiedenen klassischen und modernen Grabmalen und die melancholische Stimmung, die ich an diesem Tag im März vorfand, war es ein einzigartiger und kurzweiliger Besuch.

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