From Here: New Model Army in Berlin

12. Oktober 2019

HUXLEYS NEUE WELT, BERLIN

New Model Army blicken auf 39 Jahre, 15 Alben, über 240 Songs und unzählige Konzerte zurück. Manch andere Band würde sich auf dieser beeindruckenden Historie ausruhen. Nicht so die 1980 in Bradford gegründete Band, die nach wie vor ein Garant für außerordentliche Konzerterlebnisse ist. Was die britischen Musiker bei ihrem Auftritt am 12. Oktober im mit etwa 1600 Besuchern ausverkauften Huxleys, einer Berliner Location mit Geschichte – fanden an jener Stelle doch bereits 1880 die ersten Konzerte statt, unter Beweis stellen konnte. Justin Sullivan, einzig verbliebendes Gründungsmitglied und „Sprachrohr“ der Band, Michael Dean, Marshall Gill, Dean White und Ceri Monger sprühten vor Leidenschaft und präsentierten alte Klassiker wie frisches Material voller Spielfreude. Schnell sprang der Funke auf die ersten Reihen über und man spürte, dass die Musiker immer noch etwas zu sagen haben und u. a. von der Politik der USA (Stichwort Trump), Umweltverschmutzung und Klimawandel umgetrieben werden. Themen, die wütend machen und New Model Army von Beginn an beschäftigen und sich musikalisch wie textlich niederschlagen. So besitzen auch die Aussagen und Inhalte älterer Titel eine gewisse Aktualität. Dem „fucking Brexit“ (O-Ton Justin Sullivan) ist es zu verdanken, dass „51st state“ – ein, nein, DER bei Konzerten zeitweise unberücksichtigt gebliebene Klassiker – ins Programm aufgenommen wurde.

„Look out of your windows, watch the skies
Read all the instructions with bright blue eyes
We’re W.A.S.Ps, proud American sons
We know how to clean our teeth and how to strip down a gun

We’re the 51st state of America

Our star-spangled Union Jack flutters so proud
Over the dancing heads of the merry patriotic crowd
Tip your hat to the Yankee conqueror
We’ve got no reds under the bed with guns under our pillows

We’re the 51st state of America

Here in the land of opportunity, watch us revel in our liberty
You can say what you like but it doesn’t change anything
Because the corridors of power are an ocean away

We’re the 51st state of America”

Natürlich stand das kürzlich erschienene Album „From Here“ im Mittelpunkt. Die neuen Titel fügten sich sehr gut in die Setlist ein, welche darüber hinaus eine Reise durch die lange Bandgeschichte bedeutete: 15 Titel aus elf Alben. Einzig drei Alben blieben unberücksichtigt. Höhepunkte zu benennen, fällt mehr als schwer. Schließlich können New Model Army aus dem Vollen schöpfen. Das Repertoire aus großartigen Liedern erscheint endlos. Beispielsweise dem direkt auf „51st state“ folgenden Song „Believe it“ aus dem Jahr 1992: Eindringlich, kraftvoll und doch ein Stück weit melancholisch. Spätestens als auf Justin Sullivans Frage „Is this where we’ve come to?” ein mehrstimmiger Chor mit den Worten „I don’t believe it” antwortete, konnte man sich über einen Moment mit Gänsehautfaktor freuen. Gleiches gilt für die Darbietung des brillanten Titels „Here Comes The War“, bei dem zahlreiche Arme in die Höhe gestreckt wurden. Insbesondere im vorderen Bereich der Halle wurde enthusiastisch getanzt und die bekannten Stücke textsicher mitgesungen.

Mit viel Applaus bedacht verließ die Band nach 18 Stücken erstmals die Bühne, ließ sich aber nicht lange um eine Zugabe bitten. Es folgte das energiegeladene, von einem dynamischen Schlagzeugspiel getragene „End of days“, ehe eine gern gesehene Gastmusikerin auf die Bühne kam: Shir-Ran Yinon verlieh den gefeierten Stücken „Purity“ und „Get me out“ die bekannten Violinen-Melodien, was sicherlich einen tollen Schlusspunkt bedeutet hätte. Doch weit gefehlt. Das Publikum hatte noch nicht genug und die fünf Musiker kamen ein zweites Mal für einen Song auf die Bühne zurück, um daraufhin scheinbar endgültig im Backstage-Bereich zu verschwinden.
Als bereits Musik aus der Konserve den Saal erfüllte und sich viele Gäste Richtung Ausgang bewegten, forderten Unentwegte eine weitere Zugabe. Und sie wurden erhört. So bildetet „I love the world“ den Abschluss eines bewegenden Konzertabends.

SETLIST

One of the Chosen
Never Arriving
The Weather
The Charge
Watch and Learn
51st State
Believe It
From Here
Where I Am
WipeOut
Maps
Over the Wire
Setting Sun
Winter
Here Comes the War
States Radio
Fate
Angry Planet

ZUGABE 1
End of Days
Purity
Get Me Out

ZUGABE 2
Betcha

ZUGABE 3
I Love the World

Fotos: Marcus Rietzsch

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