The Gathering: Black Easter Tag 2

Merciful Nuns

27. März 2016

BERLIN, K17

Aus vielfacher Sicht sollte der zweite Teil des Berliner Black Easter (tags zuvor fand das Dark Spring Festival statt) etwas Besonderes werden. Die Ankündigung eines „extraordinären und okkulten Konzertabends“ und die Tatsache, dass aufgrund einer gemeinsamen „Backline“ kaum Leerlauf durch Umbaupausen oder Soundchecks entstehen sollten, steigerten die Erwartungen. Mit dem Auftritt von „Near Earth Orbit“ fand ferner eine Premiere statt.

THE DEVIL & THE UNIVERSE

Die Spannung beim wartenden Publikum ließ erst nach, als drei Gestalten in langen Mönchskutten und Ziegenmasken würdevoll ins höllisch-rote Licht der Bühne traten und die Anwesenden sogleich in ihre psychedelisch-mystisch-okkulte Musikwelt entführten. Nach dem ersten Stück wurden die Ziegenmasken zwar abgenommen, aber die viel zu großen Kapuzen der Mönchskutten verbargen weiterhin die Gesichtszüge der finsteren Zeremonienmeister Ashley Dayour, David Pfister und Stefan Elsbacher und somit auch deren emotionale Regungen. Was mag wohl in der Dunkelheit lauern? Die dichte bedrückende Atmosphäre erinnerte an alte Gruselfilme, welche die Dämonen im eigenen Kopf wecken und beklemmende Bilder an die Schädeldecke projizieren. Der Zuhörer wurde förmlich hineingesogen in einen faszinierten Soundtrack bestehend aus rituellen Trommeln, elektronischen Melodien, Samples und Gitarrenklängen. In erster Linie auf Gesang verzichtend erschufen „The Devil & The Universe“ eine perfekte musikalische Untermalung für düstere, abgründige Gedankenwelten. Einzig bei der etwas aus dem Rahmen fallenden, aber durchaus mitreißenden Adaption von „What Time Is Love“ (ursprünglich von „The KLF“) trat Ashley Dayour (bekannt als Frontmann von „Whispers In The Shadow“) ans Mikrophon. Das Publikum zeigte sich von der spiritistisch-magischen Darbietung begeistert und spendete dementsprechend reichlich Applaus.

Kurzes Aufatmen und Sammeln. Trommeln und Synthesizer wurden zur Seite geschafft. Es folgte die Konzertpremiere von „Near Earth Orbit“.

NEAR EARTH ORBIT

Wir schreiben das Jahr 2034. Tief unter der Erdoberfläche wird ein fremdartiges Gerät gefunden. Eine unbekannte Technik, die das Leben der Menschen beeinflusst und die Erde unbewohnbar macht. Das Ende allen Seins steht bevor: „This is the end.”

Near Earth Orbit präsentierten ein aufregendes Gesamtkonzept, welches die Zuhörer in die Tiefen einer düsteren Zukunft zog. Den Platz im Zentrum der Bühne nahm das ominöse Objekt ein. Videosequenzen aus Nachrichtensendungen flimmerten über drei Bildschirme und läuteten die Apokalypse ein, ehe Artaud Seth (Gesang, Bass, E-Drums), Ashley Dayour (Gitarre) und Jawa Seth (E-Drums, Bass) die Szenerie betraten. Sphärische wie bedrückende Gitarrenriffs, bedrohliche Bassläufe, seltsame Tonschnipsel, hypnotische Rhythmen, faszinierende Melodien und die düstere Stimme von Artaud Seth bildeten die Tonspur des Weltuntergangs. Unheilvolle Bilder von menschenleeren Orten, einsamen Puppen, Gasmasken und Zerstörung beschworen den „Blackout“. Unterstützt durch diese visuelle Präsentationstechnik wurden die Besucher in die Abgründe dieser Endzeit-Suggestion gerissen. Trotz aller Endzeitstimmung war es ein überaus fesselnder und beeindruckender Auftritt.

„Mind is the only constant of all existence!”

MERCIFUL NUNS

Waren wir zu diesem Zeitpunkt schon recht enthusiastisch, konnte der nicht minder düster gestaltete Auftritt von „Merciful Nuns“ diese Begeisterung nochmals steigern. Dem Konzert vorangestellt wurde eine rituelle Thelema-Zeremonie (Thelema = Wille), welche sonst nur Eingeweihten offenbart werden darf. Anschließend gesellte sich zu den bereits bei „Near Earth Orbit“ aktiven Artaud und Jawa Seth Gitarrist Jón Tmoh. Und dann startete ein weiteres musikalisches wie visuelles „Gewitter“. Nebel waberte über die Bühne und die dunklen Silhouetten der Okkult-Gothic-Rocker zeichneten sich vor dem Hintergrund ab. Über die Bildschirme flackerten Symbole. Der vielzackige Stern und die Zahl 93 waren allgegenwärtig und erinnerten an die thelemische Lehre von Aleister Crowley. Die temperamentvollen Stücke brachten eine deutliche Steigerung der Tanzbewegungen hervor. Die exzessiven Songs voller Dunkelheit nahmen die Besucher gefangen. Man ergab sich der bedrohlichen Stimmung, ließ sich führen und verführen und betrat sinnlich eine andere Welt. Raffiniert und überirdisch zugleich war die Anordnung eines Strahlers mit vielen Facetten hinter Artraud Seth. Immer wieder brachen Lichtstrahlen hinter ihm hervor. Manchmal schienen sie ihn gar zu durchschneiden. „Merciful Nuns“ boten eine bemerkenswerte Darbietung, der man sich einfach voll und ganz hingeben musste.

Und so konnten wir feststellen, dass die Ankündigung nicht zu viel versprochen hatte. Uns wird diese außergewöhnliche „Zusammenkunft“ noch lange im Gedächtnis bleiben – zudem es wohl eines der letzten Konzerte im K17, welches Mitte Mai seine Pforten schließen soll, war.

Text: Edith Oxenbauer und Marcus Rietzsch
Fotos: Marcus Rietzsch

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