HR Giger & Mire Lee

18. September 2021 – 16. Januar 2022

SCHINKEL PAVILLON, BERLIN

„In einer Zeit, in der dystopische, fast apokalyptische Visionen weit verbreitet sind, bringt die Ausstellung ‚HR Giger & Mire Lee‘ zwei Künstler*innen zusammen, deren Werke mit ungealtertem Freud’schen Horror die dunkelsten Winkel des menschlichen Körpers und der Psyche erforschen. Die Welten des verstorbenen Visionärs HR Giger und der südkoreanischen Künstlerin Mire Lee verschmelzen miteinander und machen den Schinkel Pavillon zum Schauplatz eines hypnotischen Wechselspiels von Sex, Gewalt, Technologie, Geburt und Tod.“, schreibt die Kuratorin Agnes Gryczkowska.

Eines der Herzstücke der 28 Objekte umfassenden Ausstellung ist ein beeindruckendes, düsteres Set aus Tisch und Stühlen, die HR Giger (1940 – 2014) für eine nie umgesetzte Verfilmung des Science-Fiction-Romans „Dune“ von Frank Herbert angefertigt hat. Details der tiefschwarzen Möbel zeigen Schädel und Gerippe. Ein meisterhaftes Kunstwerk. Auf dem Tisch liegt eine Skulptur von Mire Lee (geboren 1988) mit dem Titel „Endless House: Large Egg“, die ähnlich einem Ei eine harte Schale und ein weiches Inneres hat. Mit einem fleischigen Innenleben soll dieses Werk an ein Lebewesen erinnern, das brutal verspeist wurde. Die auf zwei gegenüber liegenden Seiten angeordneten „Carries“ wirken abstoßend, erinnern diese doch zuerst an herunterhängende Nabelschnüre und Gedärme, von denen stetig Schleim tropft und dadurch indirekt eine Brücke zum von HR Giger 1979 erschaffenen Alien schlägt. Für Mire Lee bedeuten diese Installationen aber mehr: „Dort, wo Begehren und Ekel ineinandergreifen, verweisen Lees Skulpturen auf Vorarephilia, die Sehnsucht danach ein Lebewesen zu verschlingen oder von ihm verschlugen zu werden (…) Gleichzeitig sind die Carries selbst Träger, etwa eines Kindes, einer Krankheit, von Flüssigkeiten oder Elektronen – und so können sie als Körper in verschiedenen Stadien von Überfluss und Unvollständigkeit, Fülle und Leere, Wachstum und Zerfall gesehen werden.“ In ihren Werken setzt sich die südkoreanische Künstlerin außerdem mit der „Angst vor dem Eingeschlossensein in einem Körper, der endlos missbraucht wird“ und „Grope Porn, einem Genre der Pornografie, in dem nichtsahnende junge Frauen in öffentlichen Verkehrsmitteln belästigt werden“ auseinander.

Das helle Kunstlicht eines zentralen, oktogonalen Ausstellungsraums erschafft eine außergewöhnliche Atmosphäre. Auf einem großen Podest werden Gigers beeindruckende Arbeit „Necronom (Alien)“ von 1990 und Lees „Endless House“ (2021), die auf eine „Art emotionaler Gefangenschaft mit der Borderline-Persönlichkeit“ verweist, präsentiert. Die Motoren, mit denen Lees Arbeit angetrieben wird, verursachen nach einiger Zeit beklemmende Gefühle. Am Boden eines kleinen, dunklen Raums windet sich ein „bedauernswertes Wesen“. Hoffnungslos und äußerst verletzlich. Wieviel Schmerz mag Mire Lee in ihrem bisherigen Leben ertragen oder gesehen haben?

Im weiteren Verlauf der Ausstellung gewähren Skizzen, Notizen und ein privates Tagebuch interessante Einblicke in die Entwicklung des Aliens aus dem Jahr 1990. Die letzten zwei, orange gestrichenen Räumen ist der Präsentation von Ansichten „satanischer Erotik“ vorbehalten.

HR Giger und Mire Lee – eine ungewöhnliche und doch stimmige Kombination.

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