Live in Nürnberg: The Gathering

30. November 2004

NÜRNBERG, HIRSCH

Das Jahr 2004 neigt sich langsam dem Ende zu, und der letzte Tag des Monats November, düster und nebelverhangen, ist theoretisch ein idealer Nährboden für Winterdepressionen. Glücklicherweise bot sich aber gerade an diesem Dienstag für (Rock-)Musikbegeisterte in und um Nürnberg ein Weg aus der Krise. Allen, die zu später Stunde den Weg in den „Hirsch“ gefunden hatten, wurde mit dem Auftritt der niederländischen Band „The Gathering“ ein musikalisches Erlebnis vom Feinsten geboten.

Beginn: 21 Uhr. Pünktlich fünf Minuten vorher betraten wir voller Vorfreude die bereits angenehm aufgeheizte Location, um kurz darauf gleich die erste Überraschung zu erleben: nach einer vorsichtigen Anfrage wurde uns sofort ein Bandinterview angeboten! Mehr dazu in der Rubrik „Gespräche“.

Auf diese Weise verpaßten wir den Auftritt der Supportband „Paatos“. Von den paar Klangfetzen, die sich nebenher in meinen Gehörgang drängelten, würde ich das Ganze vom Gesanglichen als gathering-ähnlich, von der Musik her aber als sehr viel jazziger einordnen. Mögen darüber diejenigen fachsimpeln, die bewußt zuhören konnten…

Während der Umbaupause legte sich zusehends eine gespannte Vorfreude über die Publikumsreihen. Kurz vor Beginn des Konzertes war der Saal zu etwa drei Viertel gefüllt – und ich denke, bis zum Schlußapplaus hat keiner der Anwesenden mehr seinen Platz verlassen! Nach 22 Uhr betrat die Band unter freundlichem Beifall die Bühne, doch als „last but not least“ Sängerin Anneke zwischen den Nebelschwaden auftauchte, war am aufwallenden Jubel bereits jetzt erkennbar, daß für die Menge sie die tatsächliche Verkörperung von „The Gathering“ darstellt.

Auf dem Tourflyer wird der Musikstil der Band mit „Triprock“ tituliert, wobei ich zugeben muß, daß ich mir unter diesem Begriff nicht wirklich etwas vorstellen kann. Jemandem, der von „The Gathering“ noch nie etwas gehört hat, würde ich es folgendermaßen beschreiben: grundsätzlich rockige Klänge, die zuweilen bis ins balladenhafte hineinschweben, auf`s erste Anhören nicht immer eingängig – aber immer das Verlangen hervorrufend, die Musik wieder und wieder zu hören – und das Ganze wird getragen vom klaren, intensiven Gesang Anneke van Giersbergens, der über unendlich viele Oktaven zu reichen scheint. Das Publikum im „Hirsch“ war jedenfalls begeistert.

Besonders begeistert wurden natürlich die Stücke vom „Klassikeralbum“ „Nighttime Birds“ aufgenommen. Doch die atmosphärische Dichte des Auftritts zog sich durch den ganzen Abend hindurch, ohne daß bei ruhigeren Balladen Längen auftraten. Die Musik wurde nicht nur dargeboten, sie wurde regelrecht ausgelebt. Annekes Ausstrahlung war einfach umwerfend, egal ob sie selbst zur Gitarre griff, um sich mit der neuen Bassistin Marjolein Kooijman regel-rechte Saitenduelle zu liefern, tamburinschwingend über die Bühne wirbelte oder einfach „nur“ hinter ihrem Mikro stand. Ihr bereits unübersehbares Babybäuchlein bremste ihr Temperament auf jeden Fall nicht…

Als die Band kurz vor Mitternacht nach zwei Zugaben den nicht enden wollenden Schlußapplaus entgegen nahm, gab es wohl zwei glückliche Parteien: eine auf und eine vor der Bühne. „The Gathering“ haben mit Ihrem Auftritt auf jeden Fall Sonnenschein in die Herzen der Zuhörer gebracht. Und ein Tipp für alle, die noch an Winterdepressionen leiden: wie wär`s mit einer CD von „The Gathering“ hinter einem Adventskalendertürchen und einfach einer Stunde Zeit zum Zuhören…

Setlist:

Rescue me
Amity
Nighttime Birds
Spirits
Analog Park
Broken glass
Inuit
Eleanor
The big sleep
Travel
Souvenirs
COR
——————–
Herbal movements
Black light district

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