Dark Spring Festival 2013

The Beauty Of Gemina
The Beauty Of Gemina

Der Wetterbericht entpuppte sich auch nach mehrmaligem Lesen nicht als Vorhersage für Wladiwostok. Auch in Berlin sollte es empfindlich kalt werden bzw. bleiben. Verdammt kalt. Und das, obwohl die Band „Golden Apes“ zur vierten Auflage des Dark Spring Festivals eingeladen hatte. Von Frühling war auf den Straßen der Hauptstadt aber nichts zu spüren.

23. März 2013

BERLIN, K17

Glücklicherweise füllte sich die anfangs noch relativ leere Halle zunehmend, wodurch die Anzeige des Thermometers kletterte und der Winter zumindest temperaturtechnisch vor den Pforten des K17 bleiben musste.

Sechs Bands sollten den Abend bestreiten. Recht international gemischt. Generationsübergreifend – wie auch das Publikum. Durchgehend hatten sie aber etwas gemeinsam: handgemachte Musik mit sehr angenehmen Stimmen.

Kurz vor 19 Uhr eröffneten „Soror Dolorosa“ aus Frankreich mit einer Mischung aus kühlem Wave, Post Punk und Gothic Rock das kleine Festival. Sofort strömten die Anwesenden vor die Bühne und der Funke sprang umgehend über. Ein toller Beginn. Die Leute gerieten in Bewegung und ließen sich von den teils romantisch anmutenden Klängen begeistern. Sicherlich für den Einen oder Anderen eine lohnende Neuentdeckung.

Soror Dolorosa

 
Es folgte die finnische Band „Silent Scream“, deren bös-düsterer Sound einen interessanten Kontrast zu „Soror Dolorosa“ abgab. Besonders das Schlagzeug ließ mit einem auffällig dunklen Klang und einer teils hypnotisch-rituellen Spielweise aufhorchen. Die apokalyptische Darbietung ging gleichermaßen unter die Haut wie sie begeisterte. Leider schienen nicht alle Zuhörer unsere Empfindung zu teilen. Zumindest hielt sich der Beifall – erstaunlicherweise – in Grenzen.

Silent Scream

 
Aus der Slowakei reisten „The Last Days Of Jesus“ an, deren Auftritt „exotisch“ wirkte. Synthetische Klänge und Orgelmelodien umschnörkelten das Zusammenspiel von Gitarre, Bass und Schlagzeug. Was überaus viel Spaß bereitete. Zumal Sänger MaryO schon rein äußerlich etwas „anders“ war: blass geschminkt, das dunkle Haar nach hinten gekämmt, eine Brille mit dickem schwarzen Gestell, schwarzes Hemd und Hosenträger – in gewisser Weise: seriös. Diesen Eindruck vernichtete er erfolgreich mit wild-eckigem Gezappel á la Joachim Witt und marionettenhaften Arm- und Beinschwenken. Ein mitreißender Auftritt, der vom Publikum sehr wohlwollend honoriert wurde.

The Last Days Of Jesus

 
Mit den „Golden Apes“ betraten anschließend die Organisatoren dieses kleinen, aber feinen Winterfestivals die Bühne. In gewohnt melancholischem Stil brachten die Musiker der deutschen Band ihre Titel dar. Die bereits seit 15 Jahren aktiven „Golden Apes“, die in dieser Zeit sieben Alben veröffentlichten, zeichnen sich durch schwermütige Klangwelten und kraftvolle Gitarren aus. Und natürlich durch den in sich gekehrten Sänger Peer Lebrecht, der seine dunkle warme Stimme über die Stücke gleiten ließ. So war ihnen der wohlverdiente Applaus gewiss.

Golden Apes

 
Ein echtes Kontrastprogramm boten in der Folge „Fliehende Stürme“. Anfang der 80er-Jahre des letzten Jahrhunderts noch unter dem Namen „Chaos Z“ aktiv, begeistert die ebenfalls aus Deutschland stammende Formation bereits seit drei Dekaden die Liebhaber nachdenklich-düsterer Punkklänge. Die Kontaktaufnahme zum Publikum klappte sofort. „Lauter!“ Na klar doch. Manch älterer Gast dürfte sich an Zeit erinnert gefühlt haben, als man sich ins Getümmel stürzte und wild umhersprang. Zumindest an diesem Abend lauschte man aufmerksamer den Texten und nahm die Musik tief in sich auf.

Fliehende Stuerme

Michael Sele – blondschopfiger Sänger und kreativer Kopf der letzten Band des Abends – berichtete von der unwahrscheinlich hohen Selbstmordrate in seinem Heimatland Schweiz. Anscheinend haben eidgenössische Radiosender Angst, dem noch zusätzlich Vorschub zu leisten, wenn sie Stücke von „The Beauty Of Gemina“ spielen. Diese würden sich – laut deren Aussage – negativ auf die Psyche der Hörer auswirken. Eine interessante Anekdote. Allerdings konnten wir keine depressiven Schwingungen vernehmen, nahmen so von selbstmörderischen Gedanken erst einmal Abstand und überließen uns der wunderbaren Musik. Melancholisch-rockige Klangwelten gepaart mit elektronischen Elementen. Im Mittelpunkt immer der charismatische Sänger, der zwischendurch auch wiederholt zur Gitarre griff. Doch auch der schönste Abend geht irgendwann zu Ende. Doch vorher kamen „The Beauty Of Gemina“ noch einmal auf die Bühne, um sich musikalisch und einer hell erleuchteten Bühne zum Trotz gebührend zu verabschieden.

The Beauty Of Gemina

 
Trotz der mit tollen DJs angekündigten Aftershowparty – die letztendlich scheinbar nicht in der bekanntgegebenen Form stattfand – machten wir uns nun glücklich und zufrieden auf den kalten Nachhauseweg und ließen gedanklich einen facettenreichen und mitreißenden Abend Revue passieren. Zu keiner Zeit kam auch nur ein Fünkchen Langeweile auf. Die Organisatoren bewiesen bei der Zusammenstellung ein hervorragendes Händchen. Wir sind jetzt schon auf die fünfte Auflage des Dark Spring Festivals im März 2014 gespannt. Dann vielleicht bei etwas frühlingshafteren Temperaturen.

Text: Edith Oxenbauer & Marcus Rietzsch

Fotos: Marcus Rietzsch

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