Tod und Teufel – Faszination des Horrors

Friedrich Wilhelm von Schadow und Schüler, Purgatorium – Paradies – Hölle (Triptychon “Das Jüngste Gericht”), 1848–1852, Hölle (von Schülerhand vollendet), Kunstpalast, Dauerleihgabe des Landes Nordrhein-Westfalen (Justizverwaltung), Kunstpalast, Düsseldorf, Foto: © Kunstpalast – Horst Kolberg
Friedrich Wilhelm von Schadow und Schüler, Purgatorium – Paradies – Hölle (Triptychon “Das Jüngste Gericht”), 1848–1852, Hölle (von Schülerhand vollendet), Kunstpalast, Dauerleihgabe des Landes Nordrhein-Westfalen (Justizverwaltung), Kunstpalast, Düsseldorf, Foto: © Kunstpalast – Horst Kolberg

14. September 2023 – 21. Januar 2024

KUNSTPALAST, DÜSSELDORF

Es ist eine bunte, abwechslungsreiche und stellenweise auch düstere Schau, die seit dem 14. September im Düsseldorfer Kunstpalast zu sehen ist. „Tod und Teufel – die Faszination des Horrors“ stellt sich der schwierigen Aufgabe, über 2.000 Jahre Kunstgeschichte zum Thema in die wenigen Räume einer Sonderausstellung zu packen. Natürlich kann und will eine solche Ausstellung nicht alle Aspekte des Themas umfassen. Stattdessen geht es anhand von rund 120 verschiedenen Exponaten schlaglichtartig um die verschiedenen Spielarten eines Genres, das so alt ist wie die Menschheit selbst.

„Das Thema war bisher in den Museen weitestgehend abwesend, dabei haben sich Künstler schon immer damit auseinandergesetzt“, erläutert Felix Krämer, Generaldirektor des Düsseldorfer Kunstpalastes, und ergänzt: „Dabei hat jedes Museum in seinen Beständen viel, was da hineinpasst.“ Was, wie er folgert, „Tod und Teufel“ zur ersten Kunstschau zum Thema weltweit macht. Natürlich gab es schon früher Ausstellungen, die sich mit düsteren oder abgründigen Aspekten der Kunst auseinandergesetzt haben. Eine Sonderausstellung, die das Wort Horror im Titel trägt und sich um einen umfassenden Blick bemüht, hat es aber wohl tatsächlich so noch nicht gegeben.

Die Ausstellung lässt sich grob in zwei Bereiche einteilen: historischer und zeitgenössischer Horror, wobei der Schwerpunkt klar auf dem letzteren liegt. „Tod und Teufel“ beginnt mit schlaglichtartig beleuchteten Gemälden in stilvoll dunklen Räumlichkeiten und führt uns mit wenigen Schritten vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert. Hier sind klassischen Malereien von Friedrich Wilhelm von Schadow, Albrecht Dürer oder Francisco de Goya zu den beiden titelgebenden Motiven zu sehen. Kriege, Krankheiten und Memento-Mori-Ermahnungen gehörten damals für alle zum Alltag und wurden künstlerisch entsprechend oft umgesetzt. „Horror meinte bis zur Romantik eigentlich immer die Bedrohung der Gemeinschaft“, erläutert Krämer. Horror durch Andersartigkeit? Das Motiv kommt bekannt vor.

Erst mit der Romantisierung von Tod und Trauer im 19. Jahrhundert wurde das Bild des Bösen komplexer. Jetzt darf der Teufel auch mal sympathisch oder leidenschaftlich sein. Heute, so die Ausstellungsmacher, geht es bei dem Thema vor allem um eine Entfremdung von der Mainstream-Gesellschaft. Die Metal-Szene betone deshalb zum Beispiel Tod und Teufel sehr offensiv, wohingegen die zeitgenössischen Arbeiten auch eine Art von morbidem Humor durchscheinen lassen: So liegt in einem Raum, der nun in klassischem museumsweiß gehalten ist, eine halb zugedeckte Person auf dem Boden. Dahinter steht die „Selbsttötungsmaschine“ der Künstlerin Via Lewandowski, die aus Haushaltsgegenständen gefertigt wurde.
Ein Raum ist dem gewidmet, was die Ausstellungsmacher als „wahren Horror“ bezeichnen – der Grausamkeit und Ungerechtigkeit dessen, was Menschen sich und dem Planeten anzutun in der Lage sind. Hier gibt es künstlerische Arbeiten zu sehen, die Unrecht zeigen und es so sichtbar machen. Die Ausstellung ordnet die gezeigten Werke als Instrumente „des Widerstands gegen historische und aktuelle Machtsysteme“ ein. Ist Horror also subversiv – auch heute noch?

Horror ist auf jeden Fall subjektiv – das wird beim Gang durch die Räumlichkeiten deutlich. Was den einen schockiert, entlockt dem anderen nur ein müdes Lächeln. Eine genaue Definition bleibt die Ausstellung folgerichtig schuldig, chargiert mit den gezeigten Objekten irgendwo zwischen dem Dunklen, dem Bösen, dem Grotesken und dem Abgründigem. Die titelgebenden Themenkreise von Tod und Teufel stehen jedenfalls nicht bei allen Ausstellungsobjekten im Mittelpunkt.
Hier liegt die größte Schwäche der Schau: Sie will sich augenscheinlich nicht auf eine Definition beschränken und muss daher notwendigerweise recht oberflächlich bleiben. Die Angst vor der Lücke trieb die Ausstellungsmacher also offenbar nicht um. Auch wenn es dafür einen passenden Ausdruck gegeben hätte: horror vacui.

Fotos: Katja Angenent

„Tod und Teufel“ ist noch bis zum 21. Januar 2024 in Düsseldorf zu sehen, bevor sie sich auf die Reise in weitere Museen macht.

Der Eintritt in die Ausstellung kostet zwölf (ermäßigt neun) Euro. Weitere Infos zur Schau und zum Begleitprogramm gibt es auf der Website des Kunstpalastes Düsseldorf.

 
Bildnachweise:

  • Dmitry Smirnov, Zombie Boy (Rick Genest), 2011, Fotografie © Dmitry Smirnov
  • Andres Serrano, The Morgue (Homicide), Fotografie, 125 x 151 cm, 1992, Privatsammlung
  • Sarg (Ernestine Friderica von Stockhausen), 1766, Holz (Eiche), Metall (Eisen), gebeizt, bemalt, 71 x 77 x 198 cm, Foto: © Museum für Sepulkralkultur, Frank Hellwig
  • Grim104 Graf Grim, 2019, Musikvideostill, Mit freundlicher Genehmigung von:BUBACK TONTRÄGER GMBH
  • King Cobra (originally documented as Doreen Lynette Garner) Red Rack of Those Ravaged and Unconsenting, 2018 Mischtechnik 162,56 x 288,93 x 81,28 cm Privatsammlung © Doreen Garner / Foto: kunst-dokumentation.com / Manuel Carreon Lopez
  • Albrecht Dürer, Ritter, Tod und Teufel, Kupferstich, 24,6 x 19 cm, 1513, Kunstpalast, Sammlung der Kunstakademie Düsseldorf (NRW), Foto: © Kunstpalast- LVR-ZMB – Annette Hiller

 
Titelbild:

  • Friedrich Wilhelm von Schadow und Schüler, Purgatorium – Paradies – Hölle (Triptychon “Das Jüngste Gericht”), 1848–1852, Hölle (von Schülerhand vollendet), Kunstpalast, Dauerleihgabe des Landes Nordrhein-Westfalen (Justizverwaltung), Kunstpalast, Düsseldorf, Foto: © Kunstpalast – Horst Kolberg
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