Atavismus: In der Soziologie der Rückschritt in primitive oder urzuständliche Verhaltensmuster. Laut Wikipedia treten in diesem Fall „bei Menschen bzw. Menschengruppen soziale Merkmale auf, die bei Vorfahren z.B. der Steinzeit ausgebildet waren, dem unmittelbaren Vorfahren jedoch abgingen“. Wer gegenwärtig die Zeitung aufschlägt, dürfte bei so mancher Meldung das Gefühl haben, dass bei einem Teil der Menschheit Atavismus aufgetreten sei.
Die Grundlage des ersten Albums der im Dezember 2012 in Stuttgart gegründeten Band ist klassischer Post Punk und Cold Wave. Neu ist das nicht. Aber gut. Die Klänge erreichen mein Ohr wie aus weiter Ferne. Unnahbar, in sich geschlossen, kühl. Waren in den 80er Jahren noch Ost-West-Konflikt, saurer Regen und Tschernobyl angststiftend, sind es heute die unüberschaubaren Themen wie beispielsweise Globalisierung und Kapitalismus, die für Untergangsstimmung sorgen. Der Mensch erdrückte und zerstörte sich damals wie auch heute. Einzig die Art und Weise scheint sich geändert zu haben. Und hierzu kreiert die mittlerweile vom Trio auf ein Duo geschrumpfte Band den entsprechenden Soundtrack. Dunkler Bass, kräftige Gitarre. Synthetische Klänge sind verbindende Elemente. Dazu eine sonore Stimme, die ganz hinten aus der Kehle zu kommen scheint. Moll der Klang, schwarz die Stimmung. Ein großes Stück Hoffnungslosigkeit? Das Kopfnicken erfolgt verhalten mit tiefen Zornesfalten auf der Stirn. „Die Welt ist nicht rosa und sie glitzert auch nicht.“ Fast emotionslos erscheinen „XTR Human“ auf die Welt zu blicken. Als wäre selbst das Aufbegehren ein sinnloses Unterfangen. Resignation? Hier und da meine ich jedoch zuversichtliche Töne zu vernehmen. Gut versteckt.
„Atavism“ – melancholisch, facettenreich, unterkühlt. Der Nebel will heute nicht weichen, verschlingt die Landschaft, die nasse Kälte ist bedrückend, die Welt erscheint klein, fast zu klein und trotzdem voller Verlorenheit. Ein Szenarium, das den Endzeitklang der elf sich auf diesem Album befindlichen Stücke perfekt untermalt.