18. bis 19. Juni 2004
GLAUCHAU, GRÜNDELPARKAuch die eher spärliche Ausschilderung konnte mich nicht davon abhalten, am 18. und 19. Juni den Gründelpark in Glauchau zu finden. Anlaß war das 10-jährige Jubiläum des Woodstage Open Airs. Im Vergleich zu den Vorjahren hatte man diesmal komplett auf Spaßrocker á la J.B.O. oder auch auf Crossover-Größen wie Such A Surge verzichtet und das Line-Up doch sehr auf die Liebhaber der Gothic-Kultur zugeschnitten. Leider gab es Vereinzelte, die dieser friedlichen Kultur wohl nicht so viel abgewinnen konnten. Halbvollen Bierbechern und Plastiktellern inklusive kulinarischen Genüssen im Tiefflug dürfte wohl auch den Wenigsten große Freude bereitet haben – ebensowenig wie Zielübungen mit einem (Luft?-) Gewehr auf dem Zeltplatz. Schon seltsam, aber nun gut, weder hing mir eine Nudel „loriot-technisch“ im Gesicht, noch bekam ich eine Kugel oder ähnliches ab, was mich dann doch die beiden Festivaltage ganz gut genießen ließ. Schließlich bot der Veranstalter auf der idyllisch zwischen Bäumen gelegenen Location doch ein abwechslungsreiches Programm aus Elektro, Mittelalter und dem zur Zeit extrem angesagten Gothic-Metal an. Hier dürfte wirklich für jeden etwas dabei gewesen sein. Die Ehre (oder auch Bürde) der Eröffnung dieser Jubiläumsveranstaltung hatten ASP. Mit rockig-treibenden Stücken versuchte man dem Publikum einzuheizen. Stellenweise gelang dies auch schon recht gut, trotz alledem braucht die Band um den charismatischen Sänger Asp sicher etwas Dunkelheit, um ihre Qualitäten vollends auszuspielen. Im Anschluß sorgte die NDW-Legende D.A.F. insbesondere mit Klassikern wie z.B. „Mussolini“ für etwas Bewegungsdrang, ohne aber wirklich für große Begeisterungsstürme zu sorgen. Wie zu erwarten drängten sich vor dem Auftritt von Umbra Et Imago dann schon deutlich mehr Menschen vor der Bühne. Und auch in den hinteren Regionen wurden die Köpfe gereckt, schließlich sollte es nackte Haut zu sehen geben. Sänger Mozart hatte sichtlich seinen Spaß, was nicht zuletzt an der SM-Show der beiden Darstellerinnen, die auch mal ans Mikro durften, lag. Den einen hat es gefallen, andere fanden das Ganze dann doch zu klischeehaft und nicht sonderlich erotisch. Jeder hat eben so seine jeweiligen Vorlieben.
Danach startete die Party dann richtig. Within Temptation mit ihrer grazilen Frontfrau versorgte die Gothic-Rock-und Metal-Fans, In Extremo begeisterte die Mittelalter-Fraktion mit einer rockigen Interpretation dieser Zeitepoche und die belgischen EBM-Pioniere Front242 ließen die Körper der Elektro-Heads – einschließlich ihrer eigenen – kräftig zucken.
Wer nun noch nicht genug hatte, konnte in einer unweit gelegenen Lokalität zu Klängen von Depeche Mode, VNV Nation, Sisters Of Mercy und anderen weiter feiern.
Der zweite Festivaltag begann leider nicht besonderes verheißungsvoll. Hatte man den Freitag ohne Regengüsse überstanden, entleerten sich die unzähligen Wolken nun ohne Rücksicht auf Verluste. Der erfahrene Festivalgänger hatte aber vorgesorgt: Regenschirme, Lederklamotten, festes Schuhwerk und Regenjacken kamen zum Einsatz. Zur Freude des Publikums kam aber zwischendurch immer wieder die Sonne zum Vorschein und verweilte auch kurze Zeit. So wurde dann schon am frühen Nachmittag zu düsteren Klängen von Unheilig und mittelalterlichen Tönen von Corvus Corax gefeiert. Minimalistisch, deutsch, tanzbar – so könnte man den nachfolgenden Auftritt von Welle:Erdball bezeichnen, welcher den C64 – ein Computer-Klassiker, der den Älteren noch nachhaltig im Gedächtnis sein dürfte – hochleben ließ. Mit treibenden Beats, hartem Gesang und weiblicher Backgroundstimme sorgten The Eternal Afflict für Bewegungsdrang. Insbesondere das lautstark geforderte „San Diego“ war ein Garant für eine glänzende Stimmung. Die Fans von harter Gitarrenmusik wurden von The 69 Eyes zufrieden gestellt. Obligatorisch für eine finnische Band scheint die Jägermeisterflasche zu sein. Zumindest war auch diese Bestandteil auf der Bühne. Für meinen Geschmack war das Gepose des Sängers dann aber etwas zu viel. Nun gut, vielen scheint es gefallen zu haben. Blutengel versorgten dann wieder die Freunde elektronischer Musik mit synthetischen Klängen inklusive untermalender Bühnenperformance. Leider hatte Sänger und Songwriter Chris Pohl nicht seinen besten Tag – traf er doch nicht wirklich jeden Ton. Trotz alledem war es ein kurzweiliger Auftritt, der durch die beiden Sängerinnen, durch zwei Tänzerinnen und pyrotechnische Einlagen auch viel fürs Auge bot. Weiter ging es mit treibenden Rhythmen und melodischem Gesang. Die Iren VNV Nation kamen auf die Bühne und wurden von Beginn an gefeiert. Auch weniger der elektronischen Musik Wohlgesonnene dürften ihren Spaß gehabt haben. Der sympathische Sänger Ronan Harris animierte das Publikum zum Tanzen und Mitmachen und auch sein normalerweise im Hintergrund agierender Mitstreiter Mark Jackson machte einige Male einen Ausflug an den Bühnenrand, um die Zuhörer „anzustacheln“. Zwischenzeitlich versuchten zahlreiche Nightwish-Fans bei der Autogrammstunde Unterschriften ihrer Helden zu ergattern. Dem Außenstehenden bot sich ein Bild des Chaos. Geordnetes Anstehen kennt man eben nur aus englischen Filmen und Erzählungen. Somit bildete sich vor den Pavillons, unter denen die Musiker scheinbar Platz genommen hatten, eine riesige Menschentraube. Dummerweise schien es für diejenigen, welche bereits ihre Autogramme bekommen hatten, unmöglich, aus dieser Menschenmasse zu entkommen. Manch einer erinnerte sich dann an das Crowd-Surfen vor der Bühne und ließ sich auf Hände aus der Menge tragen. Scheinbar hat der Veranstalter nicht mit so einem hohen Zuspruch gerechnet. Beim nächsten Mal ist man sicher schlauer und sorgt für entsprechend geordnetes Anstehen und eine Art Ausgang. Eher besinnlich wirkte dann der Auftritt von Deine Lakaien. In Glauchau boten sie eine ihrer rar gesäten Akustik-Sets. Teilweise experimentell wurden Klassiker nur mit Hilfe von Stimme und Piano vorgetragen – wobei hier nicht nur die Tasten zum Einsatz kamen. Gänsehäute waren in diesem Moment weit verbreitet – bei den einen vor Entzückung, bei den anderen wegen dieser Experimentierfreude und des daraus resultierenden gewissen Schauderns. Nach einer etwas längeren Umbaupause betraten die von vielen herbeigesehnten Nightwish die Bühne, um das Jubiläumsfestival gebührend ausklingen zu las-sen. Aktuelle Songs wie „Nemo“ oder auch Coverversionen wie „Phantom Of The Opera“ ließen die Herzen schneller schlagen. Die Finnen um Frontfrau Tarja Turunen wurden gefeiert wie keine anderen. Im Gegensatz zu anderen Bands setzte man die beeindruckende Pyrotechnik auch abgestimmt auf die Musik – bestehend aus melodischem Metal und opernhaftem Sopran – an den richtigen Stellen ein.
Nicht unerwähnt darf das außergewöhnliche Feuerwerk zwischen den Auftritten von Deine Lakaien und Nightwish bleiben. Minutenlang boten sich dem Betrachter des Glauchauer Nachthimmels faszinierende Effekte. Die Pyrotechniker ließen dem Publikum keine Verschnaufpause. Unvergleichlich wurde die Nacht erhellt und das Jubiläum um ein weiteres Highlight bereichert…