11. Woodstage Open Air 2005

11. Juni 2005

DRESDEN, MESSEGELÄNDE

Aus logistischen Gründen einmalig vom Gründelpark in Glauchau auf das Messegelände der schönen Stadt Dresden „verlegt“, lud ein Programm der überwiegend großen Namen der alternativen Musik am zweiten Samstag im Juli zum 11. Woodstage Open Air ein. Zwar präsentierte sich das Gelände nicht so grün und idyllisch wie der Gründelpark, aber dies ließ sich ganz gut verschmerzen, standen doch einige Bierzeltgarnituren zum Ausruhen bereit; und für manchen Besucher sicher ein Segen: keine Dixies, sondern richtige Toiletten. So konnte dieser Festivaltag also beginnen. Auf zwei Bühnen wurden die Künstler erwartet. Als Limbogott gegen 14 Uhr auf der Hauptbühne den Anfang machte, hatten sich schon einige Besucher eingefunden, um sich ein wenig einzustimmen und das trockene Wetter, welches erstaunlicherweise (schließlich hat das Woodstage in gewisser Weise auch eine Regentradition) auch bis zum Ende anhielt, zu genießen. In der Halle nebenan machten sich Supreme Court bereit, mit wummernden Rhythmen im Funker-Vogt-Stil die Beine zum Bewegen zu bringen. Dies gelang ihnen in Ansätzen auch recht gut. Ein Verschnaufen war danach aber kaum möglich, schließlich standen auf der anderen Bühne auch schon die „Shooting-Stars“ Staubkind. Sänger Louis Manke – scheinbar der Schwarm der jungen Mädels; und vielleicht auch der etwas älteren – hatte sichtlich Spaß und die Menge vor der Absperrung im Griff. Highlight dieses Auftritts war wohl das gemeinsam mit Nik Page (Ex-Blind Passangers) vorgetragene „Ein Traum der nie vergeht“. Schnell – für viele sicherlich zu schnell – war auch dieser Auftritt zu Ende. Umbaupause. Eine gewisse Spannung machte sich breit. Als nächstes standen Letzte Instanz auf dem Programm. Der charismatische Sänger Robin und weitere Musiker haben im letzten Jahr das Schiff verlassen. Wie haben sich wohl die neuen Musiker integriert? Und vor alle Dingen: Konnte man Robin adäquat ersetzen? Um es kurz und knapp zu machen: Man konnte! Und das sicherlich nicht nur in Ansatz. Der neue Mann am Mikro ist ein vollwertiger Ersatz. Nein, Ersatz ist eigentlich schon das falsche Wort. Nach dem Motto „Der König ist tot, es lebe der König!“ wurde zu alten Hits und neuen Songs gefeiert. Alle hatten sichtlich Spaß: Muttis Stolz stand, wie man es von ihm gewohnt ist, kaum still und spielte dabei trotzdem perfekt Geige. Dies ist doch immer wieder bemerkens- und sehenswert. Aber auch die anderen hielten sich nur unmerklich zurück. Noch ein Wort zum Vokalisten, welcher erst sein drittes Konzert mit der Instanz „bewältigte“: In dieser Situation so eine Gelassenheit auszustrahlen, ist aller Ehren wert. Im Inneren sah es gewiss anders aus. Die Letzte Instanz: sicherlich ein Höhepunkt des Wood-stage 2005. In der Zwischenzeit betrat PTYL die Indoor-Bühne. Der Israeli, der erst kürzlich nach Berlin umgezogen ist, dürfte an diesem Tag eher weniger Fans dazu gewonnen haben. Irgendwie wollte der zündende Funke nicht auf das Publikum überspringen. So verließen mit zunehmender Spieldauer immer mehr Besucher die Halle. Eigentlich schade: Spielen PTYL doch eine eigenwillige und auch eigenständige Mischung aus Nine Inch Nails, David Bowie und The Cure. Dies war aber für die Meisten wohl in diesem Augenblick nicht unbedingt das „Wahre“.

Irgendwann braucht auch der hartgesottenste Festivalgänger eine Verschnaufpause. Wie schon erwähnt standen für diese Zwecke einige Bierzeltgarnituren zur Verfügung und ein kleines Bistro lud zum Verweilen ein. Die angekündigte Händlermeile (wie lange ist eigentlich eine Meile?) und ein klitzekleiner Mittelaltermarkt waren schnell erkundet und so gab es – sofern man dies für wichtig erachtete – die Möglichkeit, sich von seinen Idolen Autogrammwünsche erfüllen zu lassen. Für mich als Außenstehenden sahen diese Menschentrauben vor der Absperrung, welche die Künstler schützen sollte, aber eher unkontrolliert und weniger freudvoll aus. Nun ja, dann doch wohl lieber etwas Kulinarisches gegen das Magenknurren. Zwischenzeitlich spielten Goethes Erbe und anschließend Within Temptation auf der Hauptbühne und in der Halle versetzten Fixmer/ McCarthy die Anwesenden in Bewegung.

Zu dieser Zeit hatten sich schon einige Manson-Fans, welche zahlreich vertreten waren, einen Platz in der ersten Reihe gesichert und gaben diesen auch nicht mehr auf.

Ungeachtet dessen, wer vor ihnen auf der Bühne stand oder diese nach ihnen betreten mag, Oomph! sind immer ein Garant für hervorragende Stimmung. Werden die fünf Wolfsburger (live tritt man ja mit Verstärkung an) eigentlich niemals müde? Sänger Dero hatte das Publikum von Beginn an „unter seiner Kontrolle“. Ein irres Grinsen. Ein verrückter Blick. Das ist Dero. Als Sänger in vielen Jahren gereift. Als Showman irgendwie auch. Eine unbeschreibliche Begeisterung auslösend, spielten Oomph! ältere wie neue Stücke und wie sollte es anders sein: Eckstein, Eckstein, alles muss versteckt sein – bei „Augen auf“ wurde lauthals mitgezählt und -gesungen.

Und der Tag war noch immer nicht zu Ende.

Als in der Halle Unheilig „Sage Ja“ anstimmten, drängten die Massen vor die Open Air Bühne. Am äußeren Erscheinungsbild war es unverkennbar, warum viele an diesem Tag den Weg nach Dresden gefunden haben: gaben einige doch nahezu ein Ebenbild ihres Vorbilds ab. Der „Schockrocker“ – Marilyn Manson himself – ließ aber auf sich warten. Ein nervtötender Soundcheck musste erst noch überstanden werden. Dafür konnte man dann am Klang auch kaum etwas aussetzen. Sogar an extrem seitlichen Stellen gab es einen klaren Sound. In den ersten Reihen machte sich Unruhe breit. Manson-Sprechchöre wurden angestimmt. Als der „Meister“ die Bühne dann endlich betrat und die Show losging, kam das ganze in vorderster Front einer Hysterie gleich. Nein, kein Gekreische a la Backstreet Boys oder wie auch immer diese Boygroups heißen, aber Gelassenheit schaut anders aus. Einem Prediger gleich, der seine gläubige Anhängerschaft um sich versammelt, stimmte Manson Coverversionen wie „Sweet Dreams“ und „Tainted Love“ und eigene Songs wie „The Dope Show“ und „mOBSCENE“ an. Manch Ungläubiger sah sich dieses Spektakel fasziniert oder auch kopfschüttelnd bzw. fragend aus der Ferne an. Für viele der zahlreichen Fans war es dann aber auch allzu schnell vorbei: Das Licht ging wie nach jedem Song aus. Doch Manson kam nicht wieder. Stattdessen gab es irgendeinen Song aus der Konserve. Laut Zeitplan hätte man noch etwa 20 Minuten erwarten können. Aber ein weiblicher Fan, welcher den US-Rocker mittlerweile zum 28. Mal gesehen hat, bringt es auf den Punkt: „Man muss immer damit rechnen, dass Marilyn Manson das Mikro fallen lässt und nicht wieder auftaucht“. Bei solch friedlichen Fans kann man sich so etwas wohl auch „erlauben“.

Obwohl der eigentliche Headliner also seine Show beendet hatte, war das noch nicht das Ende der Livedarbietungen. Auf der kleinen Bühne sah es nach Schützengraben aus. Tarnnetze. Panzersperren. Im Hintergrund eine Leinwand. Mit ohrenbetäubenden Feuergefechtstönen begann der anstehende Auftritt von Feindflug. Eine Luftabwehrkanone feuerte Lichtsalven ab. Der Beat stand im Mittelpunkt der musikalischen Darbietung. Zu sechst kam man auf die Bühne. Davon „malträtierten“ vier Mann Trommeln und ähnliches. Eine sehenswerte und intensive Vorstellung. Leider war die Soundabmischung nicht perfekt und so gingen neben der ganzen Rhythmik die Samples und eine gewisse Melodie verloren. Die Anwesenden hatten trotzdem ihren Spaß und bewegten sich im „Takt“.

Um Mitternacht war das diesjährige Woodstage dann Geschichte. Viele machten sich auf den Heimweg, einige gingen zur Aftershowparty in den „Bunker“ und manche feierten auf dem Parkplatz, wo sie sich das Nachtlager hergerichtet hatten. Man darf gespannt sein, welch illustre Namen das Woodstage 2006 bereichern werden. Diesmal sicherlich wieder im Gründelpark in Glauchau…

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