Eigentlich sind „Atrocity“ eine Metalband. Aber eben nur eigentlich: Denn Atrocity überschreiten regelmäßig musikalische Grenzen. Erstmalig 1995 mit dem Mini-Album „Calling The Rain“ (das Video zum Titelsong „Calling The Rain“ schließt unten an diesen Text an). „Atrocity“ holte sich für diese Veröffentlichung Yasmin, die Schwester des Frontmanns und Produzenten Alex Krull, ins Boot. Mit dem bisher gekannten Death-Metal-Stil hatte die ruhige und melancholische Mischung aus althergebrachten, nichtwestlichen Musikformen und Metal nichts gemein. Im selben Jahr verließ man ein weiteres Mal traditionelle Pfade, um eine außergewöhnliche Kooperation mit der Bayreuther Electroformation „Das Ich“ einzugehen, woraus das Album „Die Liebe“ entstand. Neben dem Titelstück, im Original von „Laibach“, wurden Songs der beiden Bands jeweils neu arrangiert. Mit dem Ergebnis – einer bis dato kaum gehörten Mixtur aus Electro und Metal – war man seiner Zeit voraus. Schon zwei Jahre später wurden die Fans erneut verblüfft. „Atrocity“ huldigten mit „Werk 80“ den 80er-Jahren, indem man Klassiker dieser Dekade neu interpretierte. Die Metaller nahmen sich aber nicht etwa Titel von „Judas Priest“, „Iron Maiden“ oder „AC/DC“ zur Brust, sondern u.a. von „Tears For Fears“, „Camouflage“ und „Duran Duran“. Vor zwei Jahren gab es mit „Werk 80 II“ eine Fortsetzung dieses Konzepts.
Und trotz des Wissens um diese Vergangenheit Atrocitys kann die aktuelle Veröffentlichung „After The Storm“ überraschen. Wie bei „Calling The Rain“ arbeitete die deutsche Band mit Sängerin Yasmin Krull zusammen, um wiederholt ihre große Experimentierfreude zu beweisen. Folkloristische Instrumentierung, der vielfältige Einsatz von Percussions und Yasmins eindringliche, beschwörerische und umschmeichelnde Stimme entführen den Hörer in fremdartige Welten. Orientalisch, mittelalterlich und afrikanisch anmutende Rhythmen reißen mit. „Atrocity“ präsentieren sich geheimnisvoll, mystisch und exotisch. Atmosphärische als auch rockige Nummern wechseln sich ab. „After The Storm“ – ein musikalisch vielfältiges Album, mit welchem „Atrocity“ nach 15 Jahren sozusagen zu alten aber noch nicht annährend ausgetretenen Ufern zurückgekehrt sind und ihren Stand als die wandelbarste und kreativste Metalband der Musikgeschichte eindrucksvoll untermauert haben.
www.atrocity.de
www.myspace.com/atrocitypage