Christian von Aster liest: Für mehr Trolleranz

26. September 2010

REHAU, MUSEUM AM MAXPLATZ

Anlässlich des Literaturfestivals „Jean Pauls Erben“ las der Dichter, Autor und Filmemacher Christian von Aster im kleinen, ja fast familiären Rahmen – etwa 20 interessierte Hörer fanden sich im Festsaal des Alten Rathauses in Rehau ein – herrlich groteske, phantastische und vergnügliche Texte. Christian von Aster mit einem kurzen Nachbericht gerecht zu werden, fällt nicht leicht. Von-Astersche Lesungen haben immer einen überaus hohen Unterhaltungswert. Das abwechslungsreiche Repertoire des Autors umfasste Kurzes und etwas Längeres, Schwarzhumoriges und Hintersinniges, Absurdes und Geistreiches, Phantastisches und Märchenhaftes, Gedichte und Geschichten aus der Vergangenheit und dem Hier und Jetzt sowie bitterböse Glossen. Gestenreich trug er seine Wortgefüge mit Charme, einem diebischen Vergnügen und einer eindringlichen wie angenehmen Stimme vor – wie der Autor feixend berichtete, schätzen einige Hörer seine Hörbücher als Einschlafhilfe. Nein, einschläfernd war die über eineinhalbstündige Lesung aber keineswegs. Während des heiteren Abends wechselten die Gesichtsausdrücke der Zuhörer von gespannt lauschend und nachdenklich über schmunzelnd bis zu herzhaft lachend.

Eine der vielen Stärken des Christian von Aster: Er kann aus einem schier unerschöpflichen Bestand an Texten schöpfen – und dies ganz ohne Qualitätsverluste. Somit erwartet einen Hörer auch nach mehrmaligen Besuchen seiner Lesungen immer Anderes und Neues. In diesem Jahr konnte ich mich bereits zum vierten Mal an der Vielfältigkeit des Autors erfreuen. Kaum ein Text wurde mehrmals dargeboten.

Fesselnde Texte über Kobolde und Trolle. Über eine Zeitreise ins Mainz des Jahres 1449 zu Johannes Gensfleisch, genannt Gutenberg, dem Erfinder des modernen Buchdrucks, wobei das damit verbundene Ziel so gar nicht erreicht werden konnte. Über die Vermarktung des Krieges. Über Gelehrte, die Trolle ausspionieren wollten und sich dabei letztendlich selbst zum Narren machten. Über einen Zeitgenossen, der Teufeln seine Seele mehrmals verkaufte – obwohl er gar keine besaß. Oder darüber, wer die besten Plätze in der Hölle bekommt: „Jene die nichts taten, waren die Schlimmsten der Schlimmen, was spätestens in dem Moment offenbar wurde, wenn man ihre Nächsten abholte, erschlug oder verbrannte. Der Teufel wusste sehr wohl, dass ohne Seelen wie diese, die Hölle leer und er selbst ein Nichts gewesen wäre. Und eben darum gebührten ihnen hier unten die besten Plätze…“ Aber auch zwei Texte, die nicht aus seiner Feder stammten, fanden den Weg in sein Programm. So lass er einen Text aus dem romantisch-komödiantischen Versdrama „Cyrano de Bergerac“, worin ein Tor über die Kunst sinniert. Zwischendurch bat er konfessionsübergreifende Blanko-Ablässe für große wie kleine Sünden an.

Wer an diesem besagten Sonntag Abend dem gemütlichen Platz vor der Glotze den Vorzug gab, hat definitiv etwas verpasst. Christian von Aster kann sich aber einen weiteren Besuch in Hochfranken im Dezember zu einer Weihnachtslesung gut vorstellen. Diese zweite Chance sollte man sich nicht entgehen lassen…

Selbstverständlich kann dem Meister des Finsterwitzes auch an anderen Orten gelauscht werden. So trägt er beispielsweise seine hintersinnigen Texten regelmäßig im Rahmen der Lesebühne „Stirnhirnhinterzimmer“ in der Z-Bar in Berlin vor.

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