Christoph Theußl – Endlich

Vorausschicken möchte ich, dass sich „Endlich“ nicht in die hier sonst besprochenen Musikstile einreiht. In keinster Weise. Aber „thematisch“ fügt sich diese Veröffentlichung perfekt: Basieren die Texte doch auf einem schwarzen, skurrilen, makabren Humor. Um eine Orientierung zu geben: Wem die Namen Georg Kreisler (…gehn wir Tauben vergiften im Park…), Helen Vita und Helmut Qualtinger etwas sagen, dürfte sich auf das Hören dieses Albums freuen.

Christoph Theußl ist gebürtiger Österreicher und Wahl-Münchner. Für die Aufnahmen unternahm er Abstecher nach Berlin und Wien. Der Verlag Periplaneta, in dem „Endlich“ erschienen ist, schreibt: „Wenn sich Theußl über jemanden lustig macht, ist das meistens nicht komisch, aber man kann trotzdem drüber lachen, wenn man nicht gemeint ist. Den Hörer erwarten großartige Horizonterweiterungen, bissige Satire, herbe und zugleich erheiternde Gesellschaftskritik – in einer Art Deutsch, in der sich anfoch ois reimt.“

Die Veröffentlichung unter dem Titel „Endlich“ besteht aus zwei CDs. Eine, mich besonders interessierende Scheibe beinhaltet zwölf Lieder über den Tod, über das „Steabn“ (Sterben). Steabn? Ja genau, feinstes Österreichisch. Aber Entwarnung: die Texte sind trotzdem verständlich. Das ist auch gut so, denn die im Booklet abgedruckten Liedtexte sind keinesfalls in Hochdeutsch geschrieben, sondern in der von Christoph Theußl dargebotenen Originalversion. Und es geht auch wirklich ausschließlich um das Thema Tod und Sterben. In Wien scheint sich das Leben um den Tod mit einer Leichtigkeit zu ranken, die Spaß macht. „A schene Leich“ – wer hat nicht schon mal davon gehört? Das ist Wien. Der Zentralfriedhof flirrt vor Geschäftigkeit. Erscheint wie eine Theaterkulisse mit wechselnden Aufführungen. Keine Ahnung, ob der „gemeine Berliner“ sich mit dem „Weana Schmäh“ arrangieren kann – aber wenn: dann sollte „Endlich“ ein Muss sein.

Die erste Strophe des ersten Lieds in Deutsch: „Wie ich bin jetzt tot oder was und was passiert jetzt mit meinem Handyvertrag den ich am Montag noch gerade verlängert hab…“ Eine absurde Überlegung? Ja, absurd. Hochdeutsch hört sich das auch – man kann es nicht anders ausdrücken – doof an. Aber glücklicherweise singt Christoph Theußl ja in seiner Heimatsprache. Und das ist köstlich und ruft meinen ersten Quietscher hervor. „Die Leich im Koffaraum“ – die Lebensgeschichte eines Autos „G.T.I.“. Vom Papa an den Sohn weitergegeben, fährt dieser selbst als erfolgreicher Unternehmer und Familienvater immer noch den G.T.I. – „…oje die Leich im Koffaraum de hob i ganz vagessn…“. Ich sehe das Bild vor mir. Einfach schön. Zum Kreischen schön. Eine Moritat über zwei frittierte Katzen, oder gibt es den schönsten Tag zum Sterben, ist gesund gestorben besser als krank gestorben – einige Schlagworte. Und obwohl sich jedes Lied um das Thema Tod dreht, sind alle so wunderbar untraurig.

Die zweite CD ist die „Moritat vom reisenden Kinde“. Hier haben viele Musiker und Sänger mitgewirkt. In einer Zeit bevor es „Die Bunte“ gab, musste Klatsch und Tratsch und Schauriges irgendwie unter die Leute kommen. Moritat – eventuell abgeleitet von Mord – ist eine Sonderform des Bänkelsangs. Dramatisch ausgemalt wurden die Schauergeschichten vorgetragen. Vor einigen Hundert Jahren. Um dies mit einem moderneren Beispiel zu belegen: Die Moritat von Mackie Messer. Und eben ganz aktuell das Moritat auf CD Nummer Zwei, den scheinbar zufälligen, schaurig schönen Erlebnissen und wahnwitzigen Begebenheiten von Ursula, dem reisenden Kind.

Also keine Angst vorm Sterben – viel Spaß bei „Endlich“.

Doppel-CD im Digipack mit 28-seitigem Booklet

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