„Diodati“ ist keine Allerweltsband, besser zu bezeichnen als Projekt, und ihre Musik ist nicht beliebig. Klavier und Cello, schöne klare Gesangstimmen und literarische Texte bewegen sich zwischen Jazz, Klassik und Gothic. Eigene Texte und experimentelle Stücke machen jedes Album zu einem abwechslungsreichen Abenteuer. Ein hoher Anspruch und ein Hang zur Melancholie und Dramatik sind Grundvoraussetzungen für Genuss und Verstehen.
„Diem supremum obire“ – die Google-Übersetzung bietet hier „den Tod erleidend“ an, was sich auch sinngemäß mit „dem letzten Tag entgegensehen“ formulieren ließe. Schon das Cover strahlt Ruhe und Abgeschiedenheit aus: auf dunklem Grund zwei sich leicht kreuzende weiße Flügelfedern, kombiniert mit dezenter Schreibschrift und dem Diodati-Logo. Ein elegantes Design passend zur Todes-Thematik.
Die Texte des Albums gehen dann auch ausschließlich auf die verschiedensten Arten von Tod ein. Wobei hier keine ausschließlich traurige, leidvolle Stimmung ausgedrückt wird. Sehnsuchtsvolle Leichtigkeit schwingt durchaus mit. Ob es nun um das Dahinscheiden von Personen geht oder ein eher theoretisches Herangehen an das Thema Sterben im Zusammenklang mit dem Glauben und der Hoffnung. Man erinnere sich an die Stilisierung des Todes in der Romantik. So ist „Diem supremum obire“ einerseits ein Gesamtkonzept, die einzelnen Stücke präsentieren sich aber durchaus unterschiedlich. Perfektionistische Kompositionen, stilsichere Arrangements, „schwierige“ Texte, Anlehnungen an Klassik – sowohl musikalisch als auch literarisch. Die Bandbreite von Stimmungen, Gefühlen, die Cello, Kontrabass und Klavier gestalten, ist dunkel, leidenschaftlich, schmerzlich. Weiche, lockende oder anklagende Töne gleiten nicht nur in die Ohren des Hörers. Zusätzlich spricht der Autor Christian von Aster einen Text von Friedrich von Schiller ein. Marcus Testory (Chamber, ASP) seinerseits rezitiert Wilhelm Busch. „Diodati“ gestalten etwas sehr Außergewöhnliches.
Mutig finde ich persönlich, dass „Diodati“ sich an die Interpretation des legendären Liedes „Lili Marleen“ herangewagt haben. Im Duett der düster-warmen und der klagend-hellen Stimmen schwingt die Verlorenheit der Lili sehr eindringlich. Diese Cover-Version braucht sich vor dem Original nicht zu verstecken – die Gefühle sind sehr stark herausgearbeitet.
Da Gefühle und Stimmungen im Zusammenhang mit dem Sterben eine sehr individuelle Angelegenheit sind, sollte der potentielle Hörer diesem Thema offen gegenüberstehen und bereit sein, sich von einer modernen Düster-Klassik verführen und mitnehmen zu lassen. Ein besonderes Album – frei nach Hermann Hesse: „…nicht für jedermann“ (Der Steppenwolf).
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