11. Dezember 2011
WUNSIEDEL, CAFÉ LUITPOLD„Nutten, Koks und Pfeffernüsse“ war in auffallend weihnachtlich-roten Buchstaben auf der Ankündigung zur „beinahe besinnlichen Lesung mit ohne Krippe“ von Christian von Aster zu lesen. Wer allerdings einen ausschweifenden Abend erwartet hatte, wurde durch das Kleingedruckte eines besseren belehrt:
„Aus rechtlichen Gründen muss an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass sowohl Nutten als auch Koks an dieser Stelle metaphorisch zu verstehen sind und weder das eine noch das andere im Rahmen der anstehenden Lesung zur Verfügung stehen wird.“
Sollte es etwa doch ein besinnlich-vorweihnachtlicher Abend mit jahreszeit-typischem Gebäck und wohlig-warmen Getränken werden? Durchaus standen weihnachtliche Themen inklusive des allerorten bekannten, älteren Herrn mit weißem Rauschebart und rotem Mantel im Mittelpunkt der asterschen Erzählungen und Gedichte am dritten Advent des Jahres 2011. Doch die mit klangvoller Stimme vorgetragenen finsterwitzigen Texte handelten nicht von einer ruhigen, sich auf Werte besinnende Weihnachtszeit, sondern – in überspitzter Form und sinnbildhaft – von der Wirklichkeit. So drehten sich die Geschichten u.a. um die Erpressung des Weihnachtsmanns, um ein Massaker unter Weihnachtsmännern, einem Banküberfall im Weihnachtsmannkostüm und allerlei Verwirrungen und -irrungen rund um das weihnachtliche Fest. Eine überaus amüsante Umschreibung der lauten und bunten Welt dieser Tage.
Aber auch Themen jenseits der Adventszeit und des Heiligen Abends erfreuten mich und die anderen etwa 40 Zuhörer, die an diesem Abend den Weg in das übervolle Café Luitpold in Wunsiedel gefunden hatten. So würdigte von Aster, der die Kunst des geschriebenen wie gesprochenen Wortes perfekt beherrscht, anfänglich und wiederholt zwischendurch in seiner unverkennbaren bissig-humorvollen Art und Weise die ihm durch frühere Lesungen schon allzu bekannte Geschwindigkeit bei der Abarbeitung der Getränkebestellungen, durch die sich der Beginn der Lesung verzögerte. Nun ist auch die Frage geklärt, warum man wohl die mir bis dato unbekannte Lokalität liebevoll „Café Schlaf“ nennt. An Schlaf war an diesem Abend aber so gar nicht zu denken. Die Rationalisierung des Alptraumgeschäfts erheiterte ebenso wie die Schaffung eines Reservats für Neonazis (Großgöring genannt) – einem herrlichen Text mit diversen Seitenhieben in Richtung der Ewiggestrigen.
Christian von Aster hat – wie es scheint – allen Anwesenden einen großartigen Abend bereitet und – zumindest meine – vorweihnachtliche Stimmung entfacht. Ich werde mich umgehend der Lektüre des Druckwerks „Weihnachten im Stirnhirnhinterzimmer“, das u.a. fünf „bedingt besinnliche Geschichten“ des Meisters der Finsterwitzes enthält, zuwenden.
Ich wünsche noch eine unterhaltsame Vorweihnachtszeit!