28. September 2018
LEIPZIG, HELLRAISERDas Hellraiser in Leipzig ist für sein tiefschwarzes Hardcore-Programm bekannt. Metal-Subgenre, die mit Death, Black und Doom beginnen, sind hier weniger die Ausnahme als die Regel. Mit der Heralds of the Fall Tour 2018 zogen drei Bands ein, die ihrem Genre nicht nur alle Ehre machen, sondern diese auch zur höchsten Kunst erheben.
Empyrium, Helrunar und Sun Of The Sleepless finden sich im Line-up von Prophecy wieder, einem Label, das ausgewählte Künstler vertritt, die vielen entgehen und doch so erfolgreich sind, dass deren Alben ausgezeichnet werden. To The Elements, erschienen 2017 und eines der zahlreichen Projekte Markus Stocks – am bekanntesten für seine Arbeit mit Empyrium, The Vision Bleak und Noekk – wanderte noch im selben Monat auf Platz Eins der besten Black-Metal-Alben 2017.
Einst als reines Studioprojekt begonnen und mit so seltenen Auftritten umso begehrter, sind Empyrium zu Musik gewordene Lyrik, die das Genre des Black Metal wie keine andere Band vervollkommnet hat. Kalte Klänge, melodische Klangkulissen und klare Stimmen, die in der Luft still zu stehen scheinen, verbunden mit der schieren rohen Kraft mitreißender Riffs und volltönender Growls. Diese Balance war musikgewordene Natur. Wir fühlten die Wälder, hörten ihre Stille, ihren Reichtum und die Beständigkeit der Felsen, den ewig fließenden Strom des Wassers. Melancholisch, romantisch, mystisch sind ihre Texte, dominiert von Eindrücken der Natur und verfeinert mit heimischer Folklore.
Helrunar ist eine weitere deutsche Band aus Münster/Osnabrück und wirkt auf den ersten Blick wie eine typische Black-Metal-Gruppe, was man aus den musikalischen Stilelementen und deren Auftreten schließen konnte. Was sie zu einem wahren Unikum macht, sind nicht nur die angenehm deutschen, isländischen, norwegischen und englischen Texte, sondern auch die Publikumsnähe des Frontmanns Marcel Dreckmann, der jedes Stück ankündigte und einleitete, als hätte er es nur für dich ausgewählt. Ein Lyriker und Poet, dessen Werke ganze Stücke umfassen und Themen behandeln, die mit tiefer Symbolik angereichert sind, von Frost, Kälte, erbarmungslose Natur als Spiegel des eigenen Bewusstseins und seelischen Zustandes. Geschichte, Mythen und alte Kulturen lyrisch und musikalisch verarbeitet: bei Helrunar lauscht man den Worten, nicht auf Doublebass und Blastbeats.
Empyrium, Helrunar und Sun Of The Sleepless bestehen nicht nur aus Musikern. Aus den Lautsprechern erschallen nicht einfach die typischen monotonen Riffs, gutturalen Gesänge und Texte vom Antichristen und Blut. Es standen Poeten auf der Bühne. Wir hörten Geschichten und lauschten in Worte und atmosphärischen Melodien eingefangene Erlebnisse. Auch wer nicht alle dargebotenen Sprachen beherrschte, so hätte er nach genauerem Studium festgestellt, dass diese Worte so perfekt in Musik übersetzt worden waren, dass allein anhand der Klangkulisse und Gesangsvariationen sofort jeder wusste, wovon ein Lied handelte.
Das Publikum wurde ihren Bands gerecht. Wir fetzten mit „Älter als das Kreuz“ und Running Gags. Ersteres garantiert auch eine humorvolle Anspielung und Kampfansage an eine durch gesundheitlich bedingte Auszeit des Sängers der Band Helrunar.
Die bekannte Zurückhaltung Markus Stocks bedachten wir ehrwürdig und lauschten dem Klang seiner Stimme, der Melodie der Geige, dem mitreißenden und rohen Tönen von Sun Of The Sleepless, im Schein schwarzer Kerzen, die durch den Nebel brannten.