04. Dezember 2015
ZWICKAU, CLUB SEILERSTRASSEAnfänglich war der Konzertraum im Club Seilerstraße leider recht dürftig gefüllt. Ob es an der relativen Unbekanntheit der italienischen Vorband lag? Die fünf Musiker von „Christine Plays Viola“ hätten wohl jeden Einzelnen per Handschlag begrüßen können. Sie begaben sich aber doch ohne große Willkommensaktionen auf die Bühne und versuchten, die wenigen Anwesenden von ihrem melancholischen Gothic Rock zu überzeugen. Die Italiener gaben ihr Bestes und wurden mit Beifall bedacht. Doch der Funke mochte nicht so recht überspringen und so hielt die kleine Schar Besucher bis zum Ende einen Sicherheitsabstand zur Bühne.
„She Past Away“ hatten weniger Schwierigkeiten, die Kluft zwischen Bühnenrand und Publikum zu minimieren. Hat sich das türkische Duo doch in kürzester Zeit vom hochgelobten Geheimtipp in Bereich „Dark Wave“ – der erste Auftritt im Ausland fand erst 2013 statt – zum Garant für volle Tanzflächen entwickelt. Mittlerweile kann die Band auf zahlreiche Festivalauftritte und Konzerte in vielen Ländern zurückblicken.
Die erste Scheu wurde schnell abgelegt und ein Teil der mittlerweile etwas zahlreicheren Gäste gaben sich ausgiebig dem vorgegebenen Takt hin. Bei anderen drangen die melancholischen Klänge und die mit tiefer Stimme vorgetragenen Worte hingegen langsam aber unaufhaltsam ins Innerste vor.
Und auch wenn die türkischen Texte, die Geister, Ungewissheit, Nichtigkeit, religiösen und sozialen Druck, Ausbeutung und Kritik an den eigenen Lebensumstände thematisieren, wohl von den Wenigsten verstanden wurden, dürften die Meisten die darin enthaltene, überaus düstere Grundstimmung gefühlt haben:
„Begraben
in eine blinde Leere
Insekten nagen
Knochen wehren sich
fühle den Schmerz!
Tanz mit mir“
(aus Ritual)
„Meine Hände sind im Blut getränkt
in deinen Augen ist nichts
ich schreie in der Leere
wegen deiner sinnlosen Abwesenheit
die Sonne geht nicht mehr auf
in meiner trüben, grauen Welt“
(aus Bozbulanık)
Im Vergleich zum im September stattgefundenen Auftritt beim NCN-Festival hatte man die Pausen zwischen den einzelnen Stücken minimiert, was der Atmosphäre durchaus gut tat, aber noch ausbaufähig erscheint.
Interaktion mit dem Publikum steht nicht als vorrangiger Punkt auf der Agenda von Gitarrist und Sänger Volkan Caner und Keyboarder bzw. Produzent Doruk Öztürkcan, einzig das eine oder andere scheue „Danke“ wurde an die klatschenden Besucher gerichtet. Was aber durchaus zur geradlinigen und dunklen Musik des in sich gekehrten Duos passt. Schließlich fanden die eingängigen Stücke auch ohne zusätzliche „Animation“ ihren Weg ohne Umschweife in die Gehörgänge. Die Zuhörer ließen sich von Melodien und Rhythmen treiben, erfreuten sich an der großartigen Musik und setzten die Emotionen in Bewegung um.
Ein kleines aber feines Konzert, das dem Großteil der Besucher eine kurzweilige Zeit beschert haben dürfte.
Fotos: Marcus Rietzsch