18. Januar bis 4. Februar 2024
SECRET LOCATION, BERLINDie Ausstellung „The Dark Rooms Vertical“ fand in einem über 100 Jahre alten „Monument der Berliner Industriekultur“ im Osten der Stadt statt. Den exakten Standort dieses beeindruckenden Orts erfuhren die Gäste erst 48 Stunden vor den gebuchten Terminen. Vor den Besucherinnen und Besuchern lagen zwölf Stockwerke, 277 Stufen und zwölf Kunstinstallationen, die es zu entdecken galt.
„In unserer pulsierenden Metropole scheinen Ruhe und Zeit zu Privilegien zu werden. Machen wir mal das Licht aus. Dunkelheit schärft die Sinne. Durch sie werden wir zu unsichtbaren Beobachter:innen.“ 1
Aus der Dunkelheit kommend betraten die Gäste einzeln oder in kleinen Gruppen die imposante Säulenhalle, wo sie von der Licht-Sound-Installation „Other Spaces“ in Empfang genommen wurden. Boris Acket nutzte den über mehrere Stockwerke hohen Bereich aus, um mit beweglichem Licht, Klängen und Resonanzen eine besondere Atmosphäre zu erschaffen.
Zweisprachige Informationstafeln gaben hilfreiche Einblicke in die Gedankenwelten, Intentionen und Ziele der aus sieben verschiedenen Ländern stammenden Künstlerinnen und Künstler.
„Humanitarian Corridor“ war ein auf den ersten Blick unspektakuläres Werk. Doch der Umstand, dass der durch zwei Räume führende „Parcours“ von Schuhen gesäumt wurde, die an die türkische Küste angeschwemmt oder in den Ruinen einer durch Kriegshandlungen zerstörten kurdischen Stadt gefunden wurden, schnürte wohl manchem Gast die Kehle zu.
Die schwedische Künstlerin Hanna Antonsson kombinierte die Flügel überfahrener Tauben mit einer kaputten Windschutzscheibe zur kinetischen Skulptur „Auto Wing I“ und spiegelte so den Tod auf der Straße wider.
Die Installation „Tele-present wind“ von David Bowen stellte ein „Abbild der Umweltbedingungen auf der anderen Seite der Welt“ dar. Die mit einem Sensor in Minnesota gemessenen Windströmungen wurden übertragen und brachten getrocknete Pflanzenstängel in Schwingung.
Lumus Instruments erschufen einen analogen Teilchensimulator. In zwei mehrere Meter hohen Glaskästen wurde Flüssigkeit in Gas umgewandelt und so „Analogien zu Wolken und Klimasystemen“ gezogen.
Den Abschluss der ersten Hälfte der Ausstellung bildete das aufwendige Werk „Lauffeuer“: Mit einer eingeschränkten Orientierung bewegte man sich durch einen in rotes Licht getauchten Gang. Suchscheinwerfer huschten über seitliche Fenster. Trockeneisnebel, Heizstrahler, Lautsprecherdurchsagen und knisternde Klänge steigerten den Eindruck, sich mitten in einem Flammeninferno zu befinden. Die begehbare Installation wurde so zu einer beeindruckenden physischen wie psychischen Erfahrung, die unweigerlich die Gefahren des Klimawandels und möglicherweise die persönliche Schuld daran hervorrief. Doch Sven Sauer, Dajolife, Felix Hofman und Jonas Wilisch sehen die Verantwortung vielmehr bei Firmen wie Saudi Aramco, Gazprom, ExxonMobil, Shell oder BP und möchten mit ihrer Kunstinstallation versuchen, „die Klimadiskussion vom Ballast der eigenen Schuld zu befreien, um wieder klar denken zu können“.
Mit der sich veränderten Anordnung von dünnen, parallelen Lichtstrahlen wollte das Kreativduo Nonotak die Wahrnehmung von Licht, das im Raum schwebt und sich entwickelt, erforschen.
Um die letzten fünf Installationen zu erkunden, führte der Weg in einen Turm, der dieses Bauwerk zum Zeitpunkt seiner Fertigstellung zum höchsten Gebäude Deutschlands machte.
Sizhu Lis Installation „Moonment“ spiegelt die Kraft und den Einfluss des Mondes wider. Drei dünne, nebeneinander angeordnete Aluminiumbleche bewegen sich wellenartig und stellen Ebbe und Flut dar.
FanFanFan von Philip Vermeulen möchte Schönheit und Schrecken vereinen. Zwei schnell rotierende Objekte erzeugten unangenehme Vibrationen und Windgeräusche. Zugleich wurde weißes Licht in die beiden Objekte projiziert, das sich zersplitterte und in leuchtende Farben zerstreute.
„Apes“ von Marco Barotti beschäftigte sich mit der digitalen Entwicklung. Die aus recycelten Wi-Fi-Sektor-Antennen und Monitoren bestehende Klangskulptur zeigte die in rasantem Tempo ansteigende Zahl von Facebook-Likes, Google-Suchen, Tinder-Swipes und gesendete E-Mails in Echtzeit an.
Kling Klang Klong ging der Frage auf den Grund, wie sich die unzähligen, in gesundem Boden enthaltenen individuellen Organismen anhören. Hierfür wurde dieses Ökosystem mit speziellen Mikrofonen aufgenommen, woraus eine „Sinfonie der Erde“ entstand.
Die abschließende Installation „Lighthouse“ thematisierte das Phänomen Ecological Grief und stellte einen Versuch dar, mit Hilfe von Musik und Licht zu einem Freund durchzudringen, dessen Gedankenwelt sich einzig um die Klimaangst dreht.
Obwohl die Intentionen hinter den zwölf Kunstinstallation teils schwer zu greifen waren, gestaltete sich der Besuch von The Dark Rooms Vertical spannend und kurzweilig. Besonders beeindruckt hat mich „Lauffeuer“, das alle Sinne angesprochen und verschiedene Emotionen ausgelöst hat und so noch einige Zeit nachhallen wird…
1 aus dem Infotext der offiziellen Webseite