Therapy? – We´re Here To The End

„Therapy?“ blicken auf eine bewegte Vergangenheit zurück. Auf eine Art Achterbahnfahrt mit einem stetigen Auf und Ab und einigen musikalischen Kehrtwendungen. Schon mit den ersten EPs und dem grandiosen Debüt-Album „Nurse“ konnten die Nordiren nicht unwesentlich auf sich aufmerksam machen. Besonders auffällig war damals – Anfang bis Mitte der 1990er Jahre – das ungemein kreative und eigenständige Schlagzeugspiel Fyfe Ewings. Dieses war unverkennbar, atemberaubend und mit dem gewissen Etwas. Aber auch die beiden anderen Gründungsmitglieder Sänger/Gitarrist Andy Cairns und Bassist Michael McKeegan sorgten für eine mitreißende Energie und Aggressivität. Mit dem viel beachteten zweiten Album „Troublegum“, welches international diverse Chartplatzierungen verbuchen konnte, startete man dann erst richtig durch. Auch einige Musikauszeichnungen waren die Folge. Aus meiner persönlichen Sicht erreichte die Band 1995 ihren Zenit, als Martin McCarrick – vormals bei „Siouxie And The Banshess“ beschäftigt – mit seinem Cellospiel die melancholische Seite der Band verfeinerte und so brillante Titel wie „A Moment Of Clarity“, „Me Vs. You“ und das Hüsker-Dü-Cover „Diane“ entstanden. Martin McCarrick wurde festes Bandmitglied, leider verließ Schlagzeuger Fyfe Ewing die Gruppe. Ein prägendes Element ging verloren. Ein erster Nackenschlag für die Band. Weitere sollten folgen. So ging 1997 während einer Europa-Tournee die Plattenfirma pleite. Den Rest der Tour mussten „Therapy?“ mit eigenen Mitteln finanzieren. Man rappelte sich aber auf und fand ein neues Label. Doch weitere Besetzungswechsel auf dem Platz hinter dem Schlagzeug folgten. Auch Martin McCarrick verließ – ersatzlos – die Band. Obwohl die kommerziellen Erfolge ausblieben, hatte die wieder auf ein Trio geschrumpfte Band weiterhin Spaß an der Musik, wobei man die Richtung wiederholt leicht korrigierte. So bewegte man sich Anfang des neuen Jahrtausends zwischen Punk und Rockabilly, um später zunehmend rauer und rockiger zu klingen, was sowohl Fans der ersten Stunde als auch diverse Musikjournalisten sehr kritisch stimmte.

Im März 2010 feierten „Therapy?“ ihr 20-jähriges Bühnenjubiläum im Londoner Club „Water Rats Theatre“, in welchem sie an drei Tagen den Fans drei unterschiedliche Sets präsentierten. Aus den Mitschnitten entstanden ist nun „We´re here to the end“ mit 36 (!) Stücken verteilt auf zwei Silberlinge, welche einen gewissen Bootleg-Charakter aufweisen – roh und kantig. Kraftvoll geht es mit „Screamager“ los. Unchronologisch führen „Therapy?“ in der Folge durch zwei Jahrzehnte Bandgeschichte. Ich bin hin- und hergerissen. Zwischen Begeisterung und Wehmut. Das Ganze hat eine sehr raue Note. Von einer glatten, überproduzierten Veröffentlichung kann man nicht sprechen. Der ursprüngliche Livecharakter wurde nicht verändert. Man spürt die Energie und den Spaß der Band und wie sich beides auf das Publikum übertragen hat. Erinnerungen an frühere Konzertbesuche werden geweckt. Doch denkt man beim Hören dieser CDs auch schwermütig an Zeiten, als „Therapy?“ große Hallen füllten und zeitlose „Hymnen“ schrieben. Und gewiss hat Sänger Andy Cairns auch schon bessere Tage erlebt. Ein kleiner Feinschliff wäre somit nicht verkehrt gewesen.
Verschnaufpausen gibt es auf „We´re here to the end“ nicht. Aggressiv, laut, schnell, leidenschaftlich und rhythmisch bewegt man sich durch die Bandgeschichte. Ob nun „Nausea“, das Joy-Division-Cover „Isolation“, „Knives“ oder „Teethgrinder“ – insbesondere die Titel aus den Anfangsjahren reißen die Konzertbesucher hörbar mit. Aber auch die Titel aus späteren Schaffensperioden reihen sich ganz gut ins Gesamtbild ein, wobei ich bei einigen Songs durchaus ein Stückweit die Melancholie und Kühle der ersten Jahre vermisse.

Informativ sind die Angaben im Booklet. Hier findet man zu den einzelnen Titeln ganz kurze Notizen, Gedanken oder Inspirationsquellen – mal mehr, mal weniger interessant.

So ergibt sich ein zwiespältiges Urteil:
Musikliebhaber, die „Therapy?“ kennen lernen wollen, sollten lieber zu einem der ersten drei Alben greifen. Fans, welche die raue und ungeschliffene Note der Band mögen und ihr über die vielen Jahre die Treue gehalten haben, könnte „We´re here to the end“ durchaus Spaß machen. Ich persönlich lege aber trotzdem lieber ein Studioalbum in den CD-Player und freue mich auf die nächste Möglichkeit, „Therapy?“ live in einem kleinen Club mit Gleichgesinnten zu erleben.

www.therapyquestionmark.co.uk
www.myspace.com/therapyquestionmark

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