Metal kennt viele Spielarten. Gospel und Black Metal, das ist neu. War es zumindest bis 2017, als „Zeal & Ardor“ mit einem Schlag berühmt wurden. Sogar die Zeit und der britische Guardian berichteten über ihre ungewöhnliche Kombination zweier eigentlich grundverschiedener Musikstile. Der altehrwürdige Rolling Stone kürte das Debüt „Devil is fine“ zu einer der besten Metalplatten des vergangenen Jahres.
Angeblich hat den ehemaligen Baseler Kneipenmusiker Manuel Gagneux ein Vorschlag in einem Internetforum auf die Idee gebracht, zwei scheinbar nicht kombinierbare Musikrichtungen zu verknüpfen. Der Künstler sah, dass das Ergebnis überraschend gut war, und beschloss, in der Richtung weiter zu experimentieren.
„Devil is fine“ bietet genau das, was diese Geschichte verspricht: Harmonische, rhythmische Gospelchöre, Blues-Elemente und spirituelle Texte aus der Black Music, der klassischen Musik der Schwarzen, gepaart mit harten Metalriffs, stakkatoartigen Drums und gegrowlten Vokalen, dem Black Metal, der klassischen Musik der Schwarzgewandeten. Findet hier zusammen, was eigentlich schon immer zusammen gehört hat?
Wer nicht nur in engen Genre-Schubladen denkt, muss die verquere Melange um ihrer selbst willen lieben. Doch der kreative Kopf Gagneux setzt noch einen darauf und ändert die Aussage der christlichen Texte analog zum Black Metal: Er lässt das Gotteslob zum Satanslob werden. Und als wäre das noch nicht genug der Frevelei, rüttelt der Musiker noch an einem Dogma der Metal-Puristen: Er streut in viele Songs auch noch elektronische Elemente ein, lässt zwischen den Stücken sogar ganz offen Drumbeats auftauchen und melancholische Synthesizer erklingen.
Das ist mutig, das ist experimentell, und darum wirklich nichts für Black Metal- und, Gott bewahre, noch weniger für Gospel-Puristen. Allen offenen Köpfen hingegen beschert diese erfrischende Musik mit Sicherheit gute Laune. Gagneux behält seinen Sinn für Rhythmik und Dramatik das gesamte Album über bei, und wenn er nicht gerade growlt, singt er mit hübsch-heiserer Blues-Stimme, ganz so, als käme er aus der Bronx und nicht aus Basel. Das ergibt ein seltsam harmonisches Endprodukt, eine Art skurriler Crossover für die Massen. Und genau da, mitten in den Massen, ist „Devil is fine“ ja auch gelandet.
Einen gravierenden Nachteil besitzt das Album allerdings auch: Es dauert nur rund 25 Minuten. Wie gut, dass „Zeal & Ardor“ im Juni 2018 mit „Stranger Fruit“ bereits einen längeren Nachfolger veröffentlicht haben. Doch auch die kurze Zeit des Debüts reicht, um beim Hören den ersten Black-Metal-Ohrwurm des Lebens auszulösen. Wer nach dem Hören von „Blood in the river“ nicht unweigerlich „A good god is dead one“ oder das titelgebende „Devil is fine“ summt, der sollte es vielleicht tatsächlich mal mit richtigem Black Metal versuchen. Bleibt nur mehr denn je die Frage, was das eigentlich ist.