Boris Koch – Der Tote im Maisfeld

Es gibt Entdeckungen, welche ihre Zeit brauchen. Ich will jetzt gar nicht mal von so „großen“ Entdeckungen wie Troja sprechen. Auch Bücher lauern irgendwo und warten darauf, gefunden und gelesen zu werden. So fiel mir ein Flyer des Medusenverlags, der vom Autoren höchstpersönlich – Boris Koch – betrieben wird, als Buchbeilage in die Hände. Was es da alles gibt! Unter anderem eben auch die phantastischen Erzählungen, welche sich hinter dem Titel „Der Tote im Maisfeld“ verbergen.

Das Buch beginnt mit einer Art Vorwort („Der Ideenfischer“) über absurde Möglichkeiten herauszufinden, was man wann, wie und worüber man schreiben kann.

Und dann geht es los mit der Verwirrung um „Das Kästchen“. Die Gabe der Dame (Pan)Dora an einen jungen Mann…

Die zweite Erzählung „Howard“ mit eben diesen Jungen als Mittelpunkt, dessen religiöse, unreife und schwärmerische Empfindungen mit dem Besuch seines „Vaters“ und bei einem ungewöhnlichen Abendmahl eine gänzliche andere Ausrichtung erfahren.

Es gibt viele Menschen, welche von sich behaupten, auserwählt zu sein. Wofür und von wem auch immer. In „Gottes Zeichen“ bemüht sich ein christlicher Fundamentalist um die Ehre und Tugend einer kleinen Stadt. Die Mittel scheinen obskur, aber das Zeichen auf seiner Brust bestärken ihn in seinem Treiben. Nur handelt es sich nicht um ein Gotteszeichen…

Die titelgebende Geschichte „Der Tote im Maisfeld“ ist die vierte von fünf in diesem Buch. Erzählt aus der Sicht eines Burschen, der sich während eines Sommers mit einer rätselhaften Silhouette beschäftigt. Eine sich nicht selbst erklärende Realität wird durch die kindliche Phantasie zu einer individuellen Wahrnehmung. Wer noch willens ist, sich seiner eigenen merkwürdigen Kindheitserinnerungen anzunehmen, wird das verstehen. Verschwimmende Grenzen zwischen Wahrnehmung und Wahrheit.

Beim Lesen der letzten Erzählung merke ich schnell, dass es sich nur um den Moloch Berlin handeln kann. Ein Student sucht Gesellschaft, Anschluss, oder auch nicht. Irrt sich, zweifelt, sucht. Und sieht Zombies. Aber kann man darüber mit jemanden reden? Auf einer Studentenparty findet er sich neben einem sehr geduldigen Zuhörer wieder. Dieser wird im weiteren Verlauf das Geheimnis der Zombies lüften in „Die Stadt der lebenden Toten“.

Auf dem rückseitigen Umschlag steht geschrieben: „Fünf phantastische Erzählungen von Liebe, Tod oder Religion. Mal bizarr oder zornig, mal nostalgisch oder spielerisch, doch nie ohne böse verdrehten Humor.“

„Der Tote im Maisfeld“ – ein Buch für Menschen mit eigener Phantasie, denn hier wird man nicht einfach unterhalten, sondern muss mit-phantasieren. Und einen Sinn für bösartigen Humor sollte man ebenfalls sein eigen nennen. Für mich war es wie ein Spaziergang im Halbschlaf – so kurz vor dem Aufwachen – durch meine innere Welt und die Welt da draußen. Nebulös und eindeutig.

Medusenblut
www.medusenblut.de
135 Seiten
ISBN ISBN 3-935901-00-3

www.boriskoch.de

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