Am späten Nachmittag bot sich für uns die Gelegenheit, mit Casey ein kurzes Gespräch zu führen. Wir wurden vom freundlichen Kamelot-Drummer in den Tourbus!!! (der im Inneren übrigens keine Spuren auf ein exzessives Rockstar-Leben aufwies) eingeladen, was wir natürlich gerne annahmen. Während unseres Gesprächs hatten u.a. auch Mary und Thomas Youngblood mit Tochter, Anne-Catrin (an dieser Stelle ein herzliches „Dankeschön“ an Anne-Catrin, die sich vor Ort um das Zustandekommen unseres Interviewtermins gekümmert hat) und Simone Simons auf den lederbezogenen, durchaus komfortablen Sitzen Platz genommen. Wir hatten uns aber ganz auf Casey zu konzentrieren, denn nur 10-15 Minuten Zeit hatten wir – und die wollten wir mit möglichst vielen Fragen füllen.
Zum aktuellen Arbeitsstatus des neuen Albums konnten wir nicht viel in Erfahrung bringen, da Casey bei den Entwürfen der Songs ja nicht dabei ist. Diese Arbeit liegt in den Händen von Thomas und Khan. Seiner Meinung nach könnte das Abmischen in Richtung „Black Halo“ gehen, was wohl auf den Einsatz von weniger Samples und Spuren als auf „Ghost Opera“ schließen lassen könnte. Letzteres ist aber unsere eigene Vermutung an dieser Stelle! Nach seinem Bekunden steht auch noch nicht fest, ob sich Glenn Barry an den Aufnahmen zum neuen Longplayer beteiligen kann und wird. Gleich im Anschluß verweist er aber auf den würdigen Ersatzmann Sean Tibbets.
Auf die ersten beiden Kamelot-CDs angesprochen, gab Casey bereitwillig Auskunft. Obgleich der Tatsache, dass er und Khan bei „Siege Perilous“ erst während des laufenden Prozesses Kamelot-Members wurden, stimmt er uns zu, als wir den speziellen mystischen Touch dieser CD erwähnen. Seiner Meinung nach lässt sich dieser Stil noch in einigen Songs der „Fourth Legacy“ wiederfinden, dennoch hat sich der nun typische Kamelot-Stil erst mit Entstehung der „Karma“-CD herausgebildet, die er als eigentlichen Wendepunkt betitelt.
Die als nächstes angesprochenen Themen drehten sich „rund ums Tourleben“:
Welches Konzert hat Dir am besten gefallen und warum?
Casey Grillo: „Der Auftritt in Barcelona war toll, da die Stadt einfach fantastisch ist. Zwischen den Gigs in Spanien hatten wir auch ein paar freie Tage, die man gut nutzen konnte, um etwas von der City zu sehen oder auch am Strand zu entspannen. Auch in Köln gab es eine gute Show und vor allem in Tilburg – guter Sound und eine riesige Bühne!“
Plant Ihr nach Veröffentlichung des neuen Albums eine ausgedehnte Tour und wo würdest Du gerne einmal spielen?
C. G.: „Auf jeden Fall soll es eine große Tour geben. Ich persönlich würde gerne einmal in Australien spielen oder auch in China – da bin ich noch niemals gewesen.“
Vermißt Du Privatspäre während der Tour?
C. G.: „Eigentlich nicht so sehr, da wir innerhalb der Band sehr gut befreundet sind. Von daher fällt einem das Zusammenleben nicht so schwer, da es wie in einer großen Familie zugeht.“
Und wie arrangierst Du Dein Privatleben mit dem Tourleben?
C. G.: „Ich lebe ja in Tampa, Florida mit meiner Frau und zwei Stiefsöhnen. Wir sind seit zehn Jahren verheiratet. Natürlich ist es schwer, die Familie zu Hause zurückzulassen, wenn es auf Tour geht. Aber sie alle gönnen mir den Erfolg sehr. Und man versucht ein gesundes Verhältnis zwischen Zeit auf Reisen und Zeit in der Heimat zu erreichen.“
Und was sagt Casey über die Kamelot-Shows im Allgemeinen?
Welchen Song spielst Du persönlich am liebsten?
C. G.: „Das ist schwierig zu beantworten – vielleicht „Descent of Archangel“. Das Stück ist aber nicht mehr in den Setlists. Überhaupt wird es immer kompli- zierter mit der Zusammenstellung des Programms. Man muß ja aus Zeitgründen verschiedene Songs weglassen, und es fällt schwer, diese auszu- wählen, da wir alle Tracks mögen.“
Beim Auftritt in Köln haben Euere Fans mindestens zehn Minuten lang bei „Forever“ ohne Aufforderung gesungen. Findet Ihr so etwas eher lustig oder stört es die Show?
C. G.: „Wir mögen so etwas sehr. Es ist ein gutes Gefühl für uns auf der Bühne und man hört das teilweise sehr laut oben. Ein tolles Feedback vom Publikum. Als wir an der Bonus-CD für „Ghost Opera – The second coming“ mit dem Material vom Konzert in Belgrad gearbeitet haben, ist uns auch bei der Zusammenstellung aufgefallen, wie kräftig doch die Stimmen der Fans zu hören waren. Auch in Südamerika sind die Leute immer am Abfeiern. Wir hatten da tolle Shows in Rio, Sao Paolo und mehrere Auftritte in Mexico, wo eine super Stimmung geherrscht hat.“
Um noch einmal auf Köln zurückzukommen: Es gab dort eine After-Show-Party – auch mit Zutritt für die Fans. Wer hatte die Idee dazu und wie fandest Du die Party?
C. G.: „Die Idee dazu hatte der Tourveranstalter. In Köln hat sich das mit dem Hard-Rock-Cafe super realisieren lassen. Mir persönlich hat das Ganze sehr gut gefallen und ich würde so etwas auch gerne wieder machen. Ich habe das Hard-Rock-Cafe morgens um fünf verlassen und mein Hotelzimmer nicht von innen gesehen!“
Plant Ihr auch eine neue Live-DVD?
C. G.: „Für eine DVD müssen die Aufnahmen von exzellenter Qualität sein. Von daher eignen sich eher Aufnahmen bei großen Gigs. Beispielsweise haben wir beim „Sweden Rock“ gefilmt. Während der Tour mache ich auch viele Aufnahmen für mich persönlich und stelle diese dann zusammen. Schaut mal auf die Kamelot-Seite, da habe ich Aufnahmen von der Frühjahrstour mit dem Song „Pendulous Fall“ hinterlegt. Genug Material für eine DVD wäre theoretisch aber vorhanden.“
Wie würdest Du generell Eueren Musikstil beschreiben? Vielleicht auch etwas „Musical Style“?
C. G.: „Ich würde sagen „Power Metal“, aber keinesfalls „Old Scool Metal“. Khan ist ein Sänger mit einem ganz eigenen, besonderen Stil und kein „Grunge Sänger“. Ich stimme auch zu, dass etwas „Musical Style“ in unseren Stücken vorkommt.“
Warum spielt Ihr nichts aus den früheren Alben? Die Songs auf der Live-CD „The Expedition“ kommen doch richtig gut… – das wäre doch auch schön für langjährige Fans!
C. G.: „Ich denke, das Album „Karma“ ist sozusagen der offizielle Kamelot-Startpunkt, und ab diesem Album kommen die Songs auch in den aktuellen Setlists vor. Das liegt daran, dass ab dieser Zeit Khan auch ins Songwriting eingebunden war und die ältere Musik vor seiner Zeit als Bandmitglied geschrieben worden ist.“
Und was war dem Drummer noch Persönliches zu entlocken?
Casey, ich habe gelesen, dass Du Schlagzeugunterricht gibst. Ist das korrekt? (Bei dieser Frage blüht Casey regelrecht auf!)
C. G.: „Stimmt. Ich unterrichte zu Hause in Tampa seit einem Jahr in einem Music-Store. Und ich hatte schon sehr begabte Schüler; nicht nur aus den USA, auch aus Kanada. Es gibt Lehrgänge über eine Woche hinweg mit vier bis fünf Stunden Drumming pro Tag. Aus Deutschland hatte ich allerdings noch keine Nachfragen… Ich kann mir aber durchaus vorstellen, wenn wir nächstes Jahr ausgiebig durch Deutschland touren, so eine Art Workshop für vier bis fünf Interessenten anzubieten.“
Wie würdest Du den „typischen“ Kamelot-Fan aus Deiner Sicht beschreiben?
C. G.: „Schwer zu pauschalisieren. Sie sind durchwegs nett. Ich würde einfach sagen, gute Leute die gute Musik mögen!“
In welchem Beruf würdest Du vermutlich arbeiten – wenn nicht als Musiker?
C. G.: „Wahrscheinlich würde ich etwas im Bereich Video/Film machen, da das auch ein großes Hobby von mir ist.“
Magst Du Deutschland?
C. G.: „Ja, mir gefällt es hier. Auch gutes Wetter…“
Diese Antwort musste ich erst einmal verdauen, denn an diesem Tag war es ekelhaft schwül! Aber vielleicht hat es ja deshalb etwas Positives für Casey, weil es ihn an sein schweißtreibendes Drumming während der Bühnenshows erinnert. Und davon, dass er diesen Job 1000-prozentig liebt, konnten wir uns wenige Stunden später wieder einmal überzeugen…
Nochmals „DANKE“ an Casey für das nette Plaudern in „familiärer Atmosphäre“. Ich kann mir auch keine andere Band vorstellen, die so unkompliziert, freundlich und ohne Allüren mit ihrem Publikum und den Fans in Kontakt steht. Ihr seid die wahren Stars, weil Ihr Euch so präsentiert, als ob Ihr keine wärt!!!
P.S. Noch ein letztes Wort zu diesem Thema: Nach dem Interview gingen wir vom Tourbus zurück zum Haupteingang, neben dem sich eine S-Bahn-Haltestelle befindet. Es kam dann auch gleich eine Bahn angefahren, die zum Aussteigen der Fahrgäste anhält und sich weiterbewegt. Einige Passagiere laufen auf dem Bürgersteig Richtung „Batschkapp“. Unter ihnen befindet sich Kamelot-Frontmann Roy Khan…