Seit zwei Jahrzehnten fotografiert Annie Bertram; zuerst analog, später die digitale Technik nutzend. Doch wie entwickelte sich die Leidenschaft für die Fotografie? Gab es davor schon andere künstlerische Ambitionen? „Zur Fotografie bin ich durch die Malerei gekommen. Ich habe ein Abendstudium an der HGKZ in Leipzig absolviert. Als mir jemand an einem Geburtstag für ein Foto seine Spiegelreflexkamera in die Hand drückte, war es um mich geschehen. Der Blick durch diese Kamera faszinierte mich. Kurze Zeit später war ich ebenfalls Besitzerin einer damals noch analogen Spiegelreflexkamera, welche komplett aus Plastik bestand. Ich eignete mir durch die Praxis im Laufe der Jahre sehr viel Wissen an. 2002 brach für mich das digitale Zeitalter an. Von da an konnte ich immer mehr meine Fotografie mit der Malerei verbinden. Deswegen nenne ich mich auch eher eine Fotokünstlerin als Fotografin.“
So kann man die Fotografien von Annie auch eher als Foto-Bilder beschreiben. Es sind Kompositionen, märchenhaft, verträumt, emotional. Die Figuren auf den Bildern erscheinen schwebend und auch düster-romantische Motive sind sehr ästhetisch.
Neben der Bildkunst kreiert Annie ferner Filme, die musikalisch gestaltet werden.
Mangel an Modellen besteht nicht, denn Annie bekommt viele Zuschriften und geht auch selbst auf Modelle zu. „Die Chemie ist sehr wichtig für mich, da hier nicht nur gepost wird, sondern auch Gefühle gezeigt werden sollen. Dafür ist eine Vertrauensbasis grundlegend.“
Ohne durchgehendes Konzept könnte keines ihrer Bilder entstehen. Modell, Accessoires, Kleidung, Orte und vor allem ein „Szenenbuch“ sind notwendig. Nur eine sorgfältige Vorbereitung ermöglichen diese Fotografien. „In einigen Fällen konzentriere ich mich auf pure Emotion. Ein Bild sollte den Betrachter berühren und ansprechen.“
Wie sehen die Pläne von Annie Bertram aus? Sie arbeitet an der Fertigstellung ihres zweiten Märchenbuchs „Wahre Märchen 2“, welches noch in diesem Jahr erscheinen soll. „Dazu plane ich einen Märchenball und Ausstellungen. Ihr dürft gespannt sein!“
Was macht eine gute Fotografie aus? „Dass sie mich anspricht und mein Herz berührt.“
Hat Annie Vorbilder? Was zeichnet diese Vorbilder aus? Bewunderte Künstler, nicht unbedingt als Vorbilder, aber als Inspiration allemal gelten für Annie Künstler, die sich durch ihren eigenen Stil auszeichnen und die Bilder erschaffen, die sie berühren. „Dazu zählen für mich: Floria Sigismondi, Eugenio Recuenco, Tim Walker und Kirsty Mitchell. Ich liebe aber auch die Arbeiten der Maler: Sandro Bottichelli, Pablo Picasso, HR Giger und Alphonse Mucha.“ Doch das Leben an sich, Musik, besondere Orte befördern ebenso ihre Phantasie und inspirieren sie bei der kreativen Arbeit.
Ist die digitale Fotografie eher ein Fluch oder ein Segen? Auf jeden Fall bietet die digitale Technik viel mehr Möglichkeiten als die analoge. „Trotzdem bin ich dankbar über die Jahre mit der analogen Fotografie. Der Lernprozess war ein härterer und das, was daraus resultierte, werde ich meinen Lebtag nicht mehr vergessen.“
Charakteristisch für Annies Bilder ist die eindrucksvolle Gestaltung. Im Buch „Die Farben der Träume“ faszinieren dann auch wirklich die Farben. Die Darstellung von Menschen ist für sie die größte Herausforderung und begeistert sie besonders. Sie will hinter die Fassaden blicken, die Individualität entdecken, Geschichten herausarbeiten, sonst Übersehenes sichtbar machen. Neben ihre Buchprojekte ist Annie mit Promo-Shootings, CD-Booklet-Artworks namhafter Bands, Gestaltung zahlreicher Ausstellungen und Coverartworks für Magazine beschäftigt. Der Bildband aus dem Jahr 2008 „Wahre Märchen“ setzt zahlreiche Szene-Bands und Märchenszenen zusammen. Die passenden Texte hierzu schrieben viele bekannte Autoren; unter anderen auch Christian von Aster und Dirk Bernemann. Deshalb dürfen wie gespannt auf „Wahre Märchen 2“ sein.
Fotografien von Annie Bertram wirken wie alte Gemälde in schweren, verzierten und vergoldeten Rahmen: eine andere Welt, ein anderer Ein-Blick. Die Auswahl der hier vorgestellten Bilder ist repräsentativ für ihr Schaffen.