Charlotte Fritsch ist gerade einmal 22 Jahre alt. Und genauso jugendlich schreibt sie auch. Unkompliziert – obwohl die Thematik keine einfache ist. Jugendlicher Stil und doch nicht unbeschwert. „Dieses Jugenddrama ist von tatsächlichen Ereignissen inspiriert. Es enthält autobiografische Elemente.“ Und das spürt man hautnah fast in jedem Satz. Ohne reißerische Floskeln. Die Verunsicherung der jungen Hauptakteurin wird so plastisch geschildert, dass man die beschriebenen Szenen vor sich sieht und die Stimmungen nachempfinden kann.
Der Klappentext:
„Die sechzehnjährige Christin freut sich auf ihre Sommerferien. Doch nach einem kurzen Gespräch mit einer Psychologin ist plötzlich alles anders. Christin wird als manisch-depressiv diagnostiziert und statt Strandurlaub mit Freunden heißt es: Jugendpsychiatrie. In einer sehr persönlichen Erzählung wird der Lesende mit der Frage konfrontiert, wo Individualität aufhört und Krankheit anfängt. Und ob nicht hinter den meisten Persönlichkeitsstörungen eher ein Trauma steckt, das mit Pillen gar nicht therapierbar ist.“
In diesem „Roman“ geht es nicht um eine spannende Handlung. Der Leser wird in die innere und äußere Welt einer Jugendlichen geführt. Nicht mehr Kind, noch nicht erwachsen. Meinungen, Ansichten, Haltungen – all das muss wachsen und reifen. Da hilft kein Fingerschnipsen – das dauert; dauert Jahre. Jahre, in denen man nicht Fisch und nicht Fleisch ist. Die Stimmungen schwanken im Minutentakt. Und die Erwachsenen werden entweder als allwissende Halbgötter oder als Vollidioten betrachtet, mit denen man sich irgendwie arrangieren muss. Nur verstanden werden Jugendliche selten. Zugegebenermaßen müsste man dazu auch Gedankenleser sein. Denn die Unfähigkeit, alle Gedanken in Worte zu fassen und auszusprechen, gehört zu diesen Leidensjahren.
Christins Mutter hat und hatte manisch-depressive Phasen. War über Jahre hinweg immer wieder in der geschlossenen Anstalt. Sie beobachtet ihre Tochter in dieser Unsicherheits-Zeit und meint auf Grund eigener Erfahrungen ihre Tochter als manisch-depressiv therapieren lassen zu müssen. Eine Ärztin kommt nach einem kurzen Gespräch zur gleichen Diagnose und weist Christin in die Jugendpsychiatrie ein. Klapse statt Sommerferien mit Freunden. Und Christin findet sich in einem Dreibettzimmer wieder. Es folgen Gespräche, Tests, Übungen. Zu den Mitbewohnern des Hauses zählen Magersüchtige und echte Psychos, völlig Durchgeknallte und total Verschreckte. Und der Alltag im Haus wird stimmungsabhängig als Knast oder als Ferienlager empfunden. Sommerferien in der Psychiatrie – Christin gehört dort eigentlich nicht hin. Und trotzdem findet sie hier Hilfe. Christin findet zwischen Verweigerung und Eingewöhnung doch viel über sich selbst heraus. Und die Therapeutin findet auch etwas über Christin heraus: Sie ist total normal. Nur eben eine Jugendliche mit einer belasteten und belastenden Mutter und einer ebenso belastenden Erfahrung.
Wie oft wird einem Kind etwas eingeredet? Was das Kind wollen soll. Wünsche werden impliziert, Vorstellungen, Prinzipien und Werte. Man nennt das ferner „Erziehung“. Wo endet Erziehung und wo fängt Manipulation an? Eine schwierige Frage. Lenken muss man als Eltern, aber auch loslassen. Was macht man wann?
Das Buch ist zu empfehlen für Heranwachsende. Vielleicht gibt es eine Handlungshilfe, wie man mit Erwachsenen – vor allen Dingen Eltern – umgehen und reden kann.
Das Buch ist zu empfehlen für Eltern. Vielleicht gibt es eine Handlungshilfe, wie man mit Jugendlichen – vor allen Dingen den eigenen Kindern – umgehen und reden kann.
Denn eines steht fest: Jugendliche verhalten sich in den Augen der Erwachsenen grundsätzlich blödsinnig. Aber es sieht oft nur so aus. Es ist ein Suchen nach sich Selbst. Und noch etwas, auch wenn es kaum zu glauben ist: Eltern waren ebenso einmal Jugendliche mit mehr oder weniger merkwürdigem Verhalten.
Softcover 160 Seiten
ISBN: 978-3-943876-62-8