„Eine Geschichte über Tauben. Und Fledermäuse. Eine Erstere, die Zweites ist, sowie jemanden, der genug Taubisch versteht, um das Ganze zu übersetzen. Gurr.“
Verflixt – was fiel mir sofort ein, als ich das kleine Bücherl in den Händen hielt? Quadratisch, praktisch, gut. Ja, das ist geklaut. Aber schon das Betrachten des Covers und das Haptische beim Befühlen löst eine Art Glücksgefühl aus. Alles passt.
Zuerst möchte ich auf die Illustrationen von benSwerk eingehen, denen in diesem Buch sehr viel Raum gegeben werden. Eine ganz besondere Art von Zeichnungen. Zwischen geheimnisvoll und satirisch. Lustig anzuschauen und doch irgendwie suggestiv auf etwas ganz Bestimmtes hinweisend. Manchmal schräg. Rundliche Tauben mit dämonischen Augen oder gefährlich spitzigen Zähnen. Oder auch mit Accessoires ausgestattet, die doch etwas rätselhaft erscheinen. Allein für diese Illustrationen, die schon eine eigene Bildergeschichte sind, sollte man sich Zeit nehmen – und einfach Freude daran haben.
Und dann die von Christian von Aster verfasste Geschichte von Felix, einer Taube, die keine mehr sein will. Felix ist davon überzeugt, eine Fledermaus zu sein. Die darüber entscheiden sollende Taubenvollversammlung ist nie vollzählig und die Entscheidung zieht sich hin. Ebenfalls etwas desinteressiert zeigt sich die Fledermauskellerhängegemeinschaft über die Aufnahme von Felix. Der Erzähler, der etwas Taubisch versteht, lässt um das Gespräch mit Felix herum seine Gedanken schweifen. Über das Laufen von Tauben im Kreis beispielsweise. Der Weg ist das Ziel? Haben Tauben ein Ziel? Als Nichttaubischversteher erscheint mir das nicht logisch. Aber wer kennt schon Taubenlogik? Ach ja, wieder mal typisch der Herr von Aster. Würde man sein Schaffen in Schubladen einordnen wollen, benötigte man wohl einen Apothekerschrank mit tausend Fächern.
Die beiden Künstler beschreiben sich selbst wie folgt: „Herr von Aster – ist so etwas wie ein Faultier. Das sich für einen Tanzbär hält. Aber in Wirklichkeit ein Tastentrüffelschwein ist. Oder umgekehrt. benSwerk – ist ein riesiger Höllenhund im Körper eines knopfäugigen Fellfroschs, dessen finstere Machenschaften aufgrund eines Fluchs komplett niedlich wirken. Hobby: Werwolf.“
Felix und andere, du, ich wir sie… Wer bist du? Wer bin ich? Wer bestimmt darüber, wie ich mich fühle, wie ich denke, wie ich sein will, wie ich leben will? Wie sehe ich mich? Andere wollen oder sollen mir sagen, wer ich bin? Warum?
Man könnte sagen, dass fast kindliche Worte gewählt wurden. Was auch nicht von der Hand zu weisen ist. Doch ist es nicht so kindlich, dass nicht „Erwachsene“ durchaus gefesselt werden. Ist es eine kleine Handlungs- und Denkanleitung? Du bist wer du bist. Und lass dir nichts von anderen einreden. Oder verbieten.
Ein Plädoyer für das Anderssein. Sehr gelungen. Sehr zu empfehlen. Auch wenn man nicht „anders“ ist. Aber: Sich zum Denken anregen zu lassen, kann nie von Schaden sein.
Gebundene Ausgabe, 32 Seiten, 16,1 x 1 x 16,2 cm
ISBN-13: 978-3946425151
Verlag: Edition Roter Drache