Eine rätselhafte Grabinschrift: Wer ist schuld am Tod von Lilly Gray?

Grabstein auf dem Friedhof von Salt Lake City

Ein auf den ersten Blick unscheinbares Grab auf dem Friedhof von Salt Lake City in Utah (USA) wird häufig besucht, obwohl über die Frau, die an jener Stelle vor über einem halben Jahrhundert ihre letzte Ruhestätte fand, wenig bekannt ist. Vielmehr sorgten die rätselhaften Worte auf dem Grabstein für eine wachsende „Popularität“ und führten mittlerweile sogar zu einem Eintrag bei Google Maps. Laut Inschrift wurde die Verstorbene ein „Opfer des Biests 666“:

LILLY E GRAY
June 6th 1881 – Nov 14 1958
VICTIM OF THE BEAST 666

In der Offenbarung des Johannes ist zu lesen:

„Und ich sah: Ein anderes Tier stieg aus der Erde herauf. Es hatte zwei Hörner wie ein Lamm, aber es redete wie ein Drache.
Die ganze Macht des ersten Tieres übte es vor dessen Augen aus. Es brachte die Erde und ihre Bewohner dazu, das erste Tier anzubeten, dessen tödliche Wunde geheilt war.
Es tat große Zeichen; sogar Feuer ließ es vor den Augen der Menschen vom Himmel auf die Erde fallen.
Es verwirrte die Bewohner der Erde durch die Wunderzeichen, die es im Auftrag des Tieres tat; es befahl den Bewohnern der Erde, ein Standbild zu errichten zu Ehren des Tieres, das mit dem Schwert erschlagen worden war und doch wieder zum Leben kam.
Es wurde ihm Macht gegeben, dem Standbild des Tieres Lebensgeist zu verleihen, sodass es auch sprechen konnte und bewirkte, dass alle getötet wurden, die das Standbild des Tieres nicht anbeteten.
Die Kleinen und die Großen, die Reichen und die Armen, die Freien und die Sklaven, alle zwang es, auf ihrer rechten Hand oder ihrer Stirn ein Kennzeichen anzubringen.
Kaufen oder verkaufen konnte nur, wer das Kennzeichen trug: den Namen des Tieres oder die Zahl seines Namens.
Hier braucht man Kenntnis. Wer Verstand hat, berechne den Zahlenwert des Tieres. Denn es ist die Zahl eines Menschennamens; seine Zahl ist sechshundertsechsundsechzig.“

Was steckt hinter der mysteriösen Inschrift?

Eine Theorie besagt, dass die Verstorbene eine Anhängerin des bekannten Okkultisten Aleister Crowley war und der Ehemann den britischen Magier und Satanisten, der sich selbst als das „große Tier 666“ bezeichnete, für den Tod seiner Frau verantwortlich machte. Allerdings gibt es für diese These keinerlei Hinweise. Ein Aufeinandertreffen in Salt Lake City gilt als ausgeschlossen: Crowley starb bereits 1947, Lilly zog jedoch erst 1950 in die Hauptstadt von Utah.

Ein weiterer Ansatz ist die Vermutung, dass Lilly Opfer eines Autounfalls auf dem Highway 666 wurde, der durch einen Teil von Utah führte und auf dem es häufig zu Unglücken kam. Die Assoziation mit dem Antichrist brachte der Straße den Spitznamen „Devil’s Highway“ ein. Menschen weigerten sich, diese Straße zu befahren, da sie den Einfluss des Teufels fürchteten. Aufgrund der Stigmatisierung der Zahl 666 wurden die letzten verbliebenen Abschnitte des Highways im Jahr 2003 beseitigt und an ihrer Stelle eine neue Route, die U.S. 393, eingerichtet. Doch Lilly Gray ist nicht auf dem Highway mit der damals noch teuflischen Nummer verunglückt. Der Bibliotheks- und Sammlungskoordinator für die Abteilung für Landesgeschichte der Historischen Gesellschaft des Bundesstaates Utah Doug Misner bestätigt, dass Lilly Gray keineswegs – wie es die Grabinschrift glauben lässt – eines mysteriösen bzw. gewaltsamen, sondern eines natürlichen Todes gestorben ist.

Die wohl plausibelste These bezieht sich auf den psychischen Gesundheitszustand ihres Ehemanns. Aufzeichnungen zufolge wurde Elmar Gray am Abend des 9. August 1937 beim Versuch, in das Gebäude der Konditorei Kamas einzubrechen, erwischt und angeklagt. Vor Gericht gab er den Namen Woodrow Lamb an. Er wurde schuldig gesprochen und zu einer „unbestimmten Haftstrafe“ verurteilt. In den folgenden Jahren stellte er mehrere Anträge auf Entlassung bzw. Bewährung mit äußerst seltsamen Angaben. U. a. behauptete er, von Beamten entführt worden zu sein und niemals vor Gericht gestanden zu haben. In einem anderen Antrag spricht er davon, dass er ausgeraubt und angeschossen wurde. Die unbekannten Angreifer hätten seine damalige Frau getötet. Eine Erklärung für die fehlenden Verletzungen und den Einbruch in die Konditorei lieferte er nicht. Erst 1941 gab er seine wahre Identität preis. In seinem letzten Bewährungsantrag sagte er aus, dass seine beiden Eltern vor Kummer starben, als die Entführer seine Frau ermordeten. Schuld an seinen wirren Behauptungen könnte eine Parkinson-Erkrankung gewesen sein. 1948 wurde Elmar Gray mit 67 Jahren aus der Haft entlassen.

Vermutlich hatte Elmar Gray einen großen Hass auf die Regierung und die Strafverfolgungsbehörden. Zumindest die von ihm gemachten Angaben legen nahe, dass er die Verantwortung am Tod seiner früheren Frau bei Vertretern des Staates sah. Möglicherweise gab er der Regierung und der Polizei von Utah auch die Schuld an dem Tod seiner Frau Lilly, die er nach seiner Entlassung aus der Haft kennenlernte und heiratete. Und möglicherweise waren Regierung und Beamte in seinen Augen Vertreter des Teufels, was die Inschrift „Victim of the beast 666“ erklären würde. Doch letztendlich ist und bleibt auch diese Theorie reine Spekulation.

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