Giovanni Perna – Die morbide Schönheit alter Friedhöfe

Eine Rezension dieses Bildbandes ist sehr, sehr schwer. Der den Fotografien vorangestellte sach- und fachkundige Text von Lena Rebekka Rehberger ist in seiner Qualität kaum zu übertreffen. Sie studierte Kunstgeschichte, Klassische Archäologie und Philosophie und promoviert gerade an der Humboldt-Universität Berlin. Und Frau Rehberger weiß nicht nur, worüber sie da schreibt, man liest auch aus jeder Zeile die Begeisterung für die melancholischen Träume in Schwarz-Weiß.

Schon das Titelbild beeindruckt durch seinen schönen trauernden Engel mit großen sanft geschwungenen Flügeln, ehe sich Seite für Seite die Schwarz-Weiß-Fotografien auf weißem Untergrund ausbreiten. Gleich zum Anfang erblicke ich die Bögen beschneiter Engelsflügel vor einem scheinbar grenzenlosen Schwarz. Teile des Gewandes werden durch das Weiß des Schnees ebenfalls hervorgehoben. So scheint die Figur zu schweben. Die Konturen weich. Fast schaut es aus, als würde sie wirklich fliegen. Neugierig blättere ich weiter. Lasse den Blick schweifen über dunkle Friedhofswege mit schiefen Grabsteinen, über lebendig wirkende Skulpturen und imposante Mausoleen. Romantisch-düstere Landschaften, dramatische Himmel, das Zusammenwachsen von Grabarchitektur und Pflanzenwelt im Wechsel der Jahreszeiten – das schafft eine ästhetische Melancholie. Der Vergleich mit den Gemälden Caspar David Friedrichs im Essay von Lena Rebekka Rehberger ist nicht von der Hand zu weisen. Die Wirklichkeit erscheint fast wie eine Erscheinung im Traum. Und hier und da wird das Dunkel belebt durch schwarze Raben. Der Rabe als Synonym für Unheil und Mystik. Und den Tod. Das Leben ist ja nur der Weg dorthin. Und so schaut der Betrachter der Fotografien irgendwie auch in sein eigenes Vergehen. Obwohl ein Friedhof durchaus für Leid und Schmerz steht, führt doch die Zeit darüber hinweg vom Schauder zum nachdenklichen Schauer. Das vergängliche Leben dem Stein anvertraut, steht nun Stein an Stein in Stille. Eine Schönheit, deren Bestand auch nicht von Dauer sein wird. Aber uns bleiben dann immer noch Bücher wie „Die morbide Schönheit alter Friedhöfe“.

Wer Kunst und Ästhetik in Schwarz-Weiß genießen möchte und sich nicht vor melancholischen Gedanken fürchtet, sollte sich auf diesen Bildband mit dem wundervollen Essay einlassen.

Mitteldeutscher Verlag
ISBN 978-3-95462-518-5

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