„‚Gegen das Licht gehalten‘, so schlug er vor, ‚ergibt sich ein ganz anderes Bild.‘“
Ein phantastischer okkulter Traum – so stelle ich mir eine Reise im Opiumrausch vor. Endlos wabernd und mäandernd mit Personen, Parallelwelten, Zeitschleifen. Es werden verstörende Bilder gezeichnet, die man sich lebhaft vorstellen kann. Ungeheuer, fremde Wesen, Hexen. Ich habe mich verstrickt in dieser Geschichte des Suchens nach dem Grimoire. Dem Buch der Geheimnisse. Seltsame Begegnungen mit nicht mehr lebenden Verwandten, die aber unaufgefordert erscheinen. Der Blick in das mauve-farbene Leuchten der Kristallkugel einer Wahrsagerin verwirrt mehr, als sich Erklärungen finden.
Der Klappentext:
„Innerhalb der Familie Grant gibt es ein wohlbehütetes Familiengeheimnis: Es soll ein Grimoire existieren, das die Pforten in jenseitige Bereiche aufstößt und Kontakt zu den dortigen Bewohnern ermöglicht. Der Autor macht sich zusammen mit dem Medium Margaret Leesing daran, die eigene Familiengeschichte in Séance-Sitzungen zu erforschen. Und er wird fündig: Er entdeckt ein Familiengeheimnis, dessen Ursprung im Jahre 1588 in den Wäldern von Rendlesham Forrest liegt und das die weiteren Schicksale der Familienmitglieder zu bestimmen scheint. Zudem gelangt er tatsächlich in den Besitz des geheimnisumwitterten Grimoire mit all seinen unheimlichen Zauberkräften. Schon bald kommt es zur Begegnung mit den cthulhu’schen Wesen aus anderen Welten, die sich in ihrer ganzen, grotesken Andersartigkeit präsentieren.“
Und ich rausche hineinin diese Erzählung und finde Namen und Bezeichnungen, die sofort Assoziationen wecken: Aleister Crowley, Austin Osman Spare, Cthulhu aus den Erzählungen Howard Phillips Lovecrafts.
Der britische Autor Kenneth Grant (23. Mai 1924 – 15. Januar 2011) war Oberhaupt des Typhonischen Ordo Templi Orientis (O.T.O.). Als Schüler von Spare und Crowley beschäftigte er sich intensiv mit Okkultismus und Magie. 1955 gründete Grant mit anderen britischen Okkultisten die New Isis Lodge (Nu-Isis). „Gegen das Licht“ – eine der wenigen Erzählungen, die Grant schrieb – stellt eine Art semi-autobiographischen Roman dar.
Die Phänomene Phantastik, Religion und Okkultismus machen deutlich, dass hier Grenzen verwischen. Welche Elemente Wahrheitsansprüche geltend machen können, liegen im Empfinden der Handelnden, Lesenden, Schreibenden. Dantes „Göttliche Komödie“ mag als Abbild der Wirklichkeit gelten – in einem eng definierten Zeitraum und Kontext. Auch das „Necronomicon“ ist literarisch gesehen ein fiktives Werk. Bei der Betrachtung unter dem Aspekt von Religionswissenschaften weist das „Necronomicon“ eine durchaus religiöse Realität auf. Erdacht oder real? Und so ergeben sich Parallelen zum „Grimoire“ aus diesem phantastisch-surrealem Buch.
Nein, ich muss mich nicht in die Tiefen der Cthulhu begeben, um dieses Traumabenteuer genießen zu können. Die wortreiche, ausdrucksstarke Sprache lässt die beschriebenen Bilder im Kopf entstehen. Farbig oder düster. Verführerisch. Ein Sog aus unwahrscheinlichen Situationen. Ich habe Herrn Grant auf seiner Suche nach Wahrheiten, Möglichkeiten, Vorfahren begleitet und bin auf einer gleissenden Woge des Phantastischen geschwebt. Einfach ein Traum…
ISBN: 978-3946425144
Verlag: Edition Roter Drache