Leæther Strip – Æscapism

Wer hätte gedacht, dass nach dem musikalischen Verschwinden des Altmeisters Claus Larsen nur sieben Jahren vergehen würden, bis wieder die ersten Bässen aus der Strip Farm ertönten. Ich nicht. Ich hätte mir auch nicht zu träumen gewagt, Leæther Strip einmal reanimiert zu wissen und den Elektro-Guru vor einer Bühne stehend feiern zu können. War das doch ungefähr im selben Reich der Utopie anzusiedeln, wie ein Konzert von :wumpscut:.

Mittlerweise jedoch hat Larsen den Schock darüber überwunden, dass sich doch mehr als eine Handvoll Fans an ihn erinnerten und damals, in der zweiten Hälfte des Jahres 2000, zu den ersten Konzerten strömten. Somit steht Leæther Strip nun schon seit Jahren wieder mit beiden Beinen fest auf der Bühne und veröffentlich schier im Akkord. Altes Material im neuen Gewand sowie neues Material im neuen Gewand.

Ein Gewand, das mich persönlich allerdings wehmütig stimmt. Reihte sich doch Larsen in den frühen 90ern in den Wettstreit ein, wer seine Musik härter und brachialer schmiedet als der andere. Doch schon mit dem Album „Legacy of hate and lust“ wurde 1995 ein Weg beschritten, der zehn Jahre später die feste musikalische Route bilden sollte. Leæther Strip wurde zunehmend kleinlaut. Die Wut blieb aus, zumindest innerhalb der Musik. Die Melodieführung wurde runder, neuzeit-elektronischer und friedlicher. Sauber und steril, wie es die neue Zeit eben mit sich bringt.

So wie in diesem Album. In ausgeglichener Ruhe reiht sich Titel an Titel. Schmiegt sich leichte verdaubare Melodie an Melodie. Es gibt keine Tiefen, keine Ecken, keine Kanten. Das dreckige, was Leæther Strip einst ausgemacht hatte befriedete sich in Stücken wie beispielsweise „I´m not the one.“ gänzlich. Einem Titel, den man mit der Katalogisierung in die Sparte des Synthie Pop nicht einmal Unrecht tuen würde. Und auch wenn manche Stücke, wie beispielsweise das treibende „I doesn´t hurt to hurt you“ oder das „Suicide summer school“, an Härte zulegen, und vor allem Letzterer durchaus angenehme Clubqualität ausweist, so besitzen sie jedoch nicht den Ehrgeiz, diese Energie konsequent auszuleben und schmiegen sich somit als kontrastarme Sperrspitzen in die homogenen Wogen des Albums ein.

Auch das kurze Aufhorchen, als Rummelsnuffs derbe Stromstimme den Titel „Strong boys“ einläutet, drohte sich fast wieder zu verlieren, da der Titel nicht in die erwartete Tiefe und Stärke gehen will. Auch wenn das Stück aufgrund seiner heiteren Attitüde durchaus seinen Charme und Ohrwurmcharakter besitzt. Und als Gute-Laune-Titel in einem EBM-Block auch für jeden Club empfohlen werden kann. Natürlich kann sich an vielen Stellen die gewohnte musikalische Atmosphäre Claus Larsens heraushören lassen. Sodass man unter anderem die Struktur des Stückes „Unhuman response“ oder „We fail we forget“ dahingehend durchaus als „klassizistisch“ bezeichnen kann. Quasi am klassischen Strip-Sound orientierend. Doch es gleicht auch fast einer klassischen Tragödie, dass diese Klangmuster, der Reihe nach, so weich abgefedert werden und zu selten auf die guten alten harten Anschläge treffen.

Als Fazit sei zu sagen, dass sich das Album kompromisslos und ohne anzuecken in den heutigen Zeitgeist des Elektro eingliedert. Harmonisch und ungeladen präsentiert es ein homogenes Bild aus seichterem musikalischem Gewässer, aus dem vereinzelt musikalische Leuchtfeuer den Horizont schmücken. Wer somit soliden Elektro bzw. Synthie Pop wünscht, der sich wohlwollend dem Ruhepuls anpasst, dem wird dieses Album liegen. Denn auch wenn Claus Larsen stellenweise mit energischer bis wütender Stimmlage dazwischenfährt, so bleibt der Gesamteindruck ein in sich runder und idyllischer Kreislauf. Solider Elektro eben, nicht mehr, aber, und das möchte ich betonen, auch nicht weniger.

Doch wer noch immer nach der alten Brandung sucht oder wer auf dem Album nach starkem EBM Ausschau halten will, so wie Rummelsnuff raunte, der wird nicht fündig werden. Der Sturm à la „The White Disgrace“, „Black Gold“ oder die Raffinesse von einem „Mohawk“ oder „Croatia“ bleiben aus.

»  Leæther Strip @ Facebook

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