23. Oktober 2015
HOF, ROCKWERKAuftritte von Anne Clark haben in Hof eine lange Tradition. Bereits in den 80er Jahren, als der Eiserne Vorhang Deutschland noch in Ost und West teilte, machte die „Grande Dame des New Wave”, wie sie vielfach genannt wird, Station in der Saalestadt. Und obwohl diverse weitere Auftritte in Hof folgten, sollte es 2015 das erste Mal sein, dass ich die sympathische Künstlerin in meiner Geburtsstadt live erleben konnte. Insbesondere ihre beiden wohl bekanntesten Stücke „Our Darkness“ und „Sleeper in Metropolis“ begleiten mich seit vielen Jahren; gehören diese vertonten Gedichte doch seit ihrer Veröffentlichung im Jahr 1983 zum Pflichtprogramm in vielen Clubs. Und so war ich gespannt, was mich erwarten sollte.
Ehe Anne Clark unter Beifall die Bühne betrat, wurde der Abend durch ein Instrumentalstück eingeleitet, bei dem die Band frühzeitig ihr großes Können unter Beweis stellte. Die musikalische Darbietung der folgenden etwa eineinhalb Stunden lässt sich nur schwerlich in eine Schublade stecken. Der synthetisch-kühle Klang der 80er mischte sich mit den warmen Klängen von Gitarre, Schlagzeug, Cello und Keyboard. Hier und da meine ich sogar einen Hauch Jazz oder lateinamerikanische Folklore herausgehört zu haben. Es war gerade diese Zusammenstellung, die verschiedene Hörgewohnheiten ansprach und auf eine gemeinsame Ebene zusammenführte.
Ein Blick in das gut gefüllte Rockwerk offenbarte, dass die poetische Musik der Britin ein eher reiferes Publikum angelockt hatte. Ein Publikum, das sichtbar in Erinnerungen schwelgte, aber Anne Clark keineswegs auf ihre frühen Hits reduzierte, sondern sich durchweg begeisterungsfähig zeigte. Ein Teil der Anwesenden gab sich dem musikalischen Repertoire aus drei Jahrzehnten ausgelassen tanzend hin, während andere tief in sich gekehrt und mit geschlossenen Augen lauschten.
Letztendlich eine Art Spiegelbild der Konstellation auf Bühne. Jeff Aug spielte hingebungsvoll und mit ganzem Körpereinsatz harte Gitarrenriffs, griff aber auch zur Akustikgitarre, um leisere Töne anzuschlagen. Schlagzeuger Tobias Haas präsentierte sich ebenfalls variantenreich. So trieb er die Titel rhythmisch voran, strich allerdings auch schon einmal sanft mit Besen über die Trommelfelle. In sich ruhend zeichnete sich Steve Schroyder für die stilprägenden elektronischen Elemente verantwortlich. Pianomelodien von Murat Parlak, der zusätzlich gesanglich für Aha-Effekte sorgte und das Cellospiel von Jann Michael Engel webten sich sanft aber unüberhörbar in das Zusammenspiel der Instrumente und elektronischen Klangspuren. Im Mittelpunt stand aber natürlich Anne Clark, die ihre tiefgründige, teils bedrückende Lyrik im liebgewonnenen Sprechgesang konzentriert und gefühlvoll vortrug, ein.
Das Konzert fesselte die Besucher und riss es zu anhaltendem Beifall hin, ehe die unverkennbare Melodie vom bereits angesprochenen „Our Darkness“ das Ende des Abends einleitete. Die Musiker legten noch einmal ihre komplette Energie in das letzte Stück und sorgten damit für eine weitere Steigerung der Intensität.
„Doubting all the time
Fearing all the time
Doubting all the time
Fearing all the time
That like these urban nightmares
We’d blacken each other skies…”
Murat Parlak hielt es nicht mehr auf seinem Hocker, den er nach hinten umwarf. Leidenschaft pur. Das Publikum war hingerissen und zufrieden. Schade, dass es in Hof so selten solch qualitativ hochwertige Konzerte gibt.
Fotos: Marcus Rietzsch