M’era Luna Festival 2008

9. - 10. August 2008

HILDESHEIM, FLUGPLATZ

10. August 2008. 22 Uhr. Mit dem Auftritt von „Fields Of The Nephilim“ ging der offizielle Teil des diesjährigen M’era Luna Festivals – mittlerweile das dreizehnte Open Air in Hildesheim in dieser Form, die vier „Zillo-Festivals“ (1996-1999) an gleicher Stelle mitgerechnet – zu Ende. Anlass genug, um sich Gedanken zu machen, was sich in den Jahren geändert hat.

Durch eine stetige Erhöhung des Ölpreises macht der amerikanische Mineralölkonzern Exxon mittlerweile Milliardengewinne in absoluter Rekordhöhe, als Festivalbesucher muss man demgemäß für die Anreise nach Hildesheim leider zunehmend tiefer in die Tasche greifen. Eine positive Veränderung erwartete die Besucher zwischen Festivalgelände und Campingplätzen: erstmalig fand man an dieser zentralen Stelle einen kleinen, aber feinen Mittelaltermarkt vor. Alternative Speisen und Vorführungen wie beispielsweise eine sehenswerte Feuershow boten eine willkommene Abwechslung zum „normalen“ Programm. Eine gelungene Premiere, welche sich auszubauen lohnt.

Geblieben ist indessen die hohe Begeisterungsfähigkeit der Besucher, welche schon zur Mittagszeit tanzten, sangen und klatschten. Ebenfalls unverändert präsentierte man auf den beiden Bühnen ein vielfältiges musikalisches Programm bestehend aus „prominenten“ Bands und weniger bekannten Namen, welche die Menge anheizen sollten. Den augenscheinlich größten Zuspruch des ersten Tages konnten „VNV Nation“ für sich verbuchen. Eigentlich kein Wunder: zeichneten sie sich in der Vergangenheit mit ihren Auftritten doch kontinuierlich für eine grandiose Stimmung aus. Obwohl der Sound keineswegs optimal und druckvoll ankam und Sänger Ronan Harris nicht im Vollbesitz seiner Kräfte zu sein schien, entwickelte sich dieses Konzert sicherlich für viele Besucher zu einem Höhepunkt.

Mein persönliches Highlight mit Gänsehautcharakter war aber die anschließende Darbietung des Headliners „Front 242“. Was die Altmeister der elektronischen Klangerzeugung transportierten, überzeugte einfach auf ganzer Linie. Es ist immer wieder bemerkenswert, welche Energie diese älteren Herren an den Tag legen. Die Füße still zu halten, war allein durch Willensstärke unmöglich und natürlich auch nicht gewollt.

Geändert hat sich aber leider auch an der Situation des Hangars, welcher die zweite Bühne beherbergt, nichts. Der Eingang – gleichzeitig auch Ausgang – glich wiederholt einem Nadelöhr. So war es am Sonntagnachmittag nur unter großen Anstrengungen und mit viel Geduld möglich, in die Halle zu gelangen oder diese zu verlassen. Beim Auftritt von „Agonoize“ schien der Hangar aus allen Nähten zu platzen. Die Stimmung befand sich zugegebenermaßen nahe dem Siedepunkt. Die Gründe hierfür blieben mir aber verwehrt. Das Thema „Tourette-Syndrom“ mit Textzeilen wie „Fick mich – Schrei mich an – das find ich schön – ich werd ganz geil – von dem Gestöhn“ aufzugreifen und umzusetzen, finde ich wenig gelungen. Amüsiert habe ich mich aber trotzdem, als beim abschließenden Kiss-Cover stahlharte „Electroheads“ aus vollem Hals „I Was Made For Loving You“ sangen. Was für ein Erlebnis. Eisbrecher und Combichrist hielten anschließend die brodelnde Stimmung auf einem ähnlich hohen Niveau und sorgten dafür, dass man nur noch verschwitzte, aber zufriedene Gesichter sah. Wer nicht spätestens jetzt den Hangar verlassen musste, um frische Luft zu tanken, scheint wohl grundsätzlich nicht auf Sauerstoffzufuhr angewiesen zu sein.

Nachdem sich die Lungen wieder gefüllt hatten, die Körpertemperatur auf ein erträgliches Maß gesunken und der eigene Flüssigkeitshaushalt ausgeglichen war, kamen vor der Hauptbühne nostalgische Gefühle auf, als diese von „New Model Army“ geentert wurde. Eine Band, welche nun über ein Vierteljahrhundert ihre Fans mit wütendem aber auch melancholischem, handgemachtem IndieRock verzaubert und begeistert. Mit diesem Auftritt haben sie bewiesen, dass sie in dieser langen Zeit kein bisschen verlernt haben. Im Mittelpunkt stand dabei natürlich der charismatische Justin Sullivan, welcher den Songs mit einer unverkennbaren Stimme noch mehr Leben einhauchte. Von Titel zu Titel schien man mehr Besucher in den Bann ziehen zu können. Nach „Front 242“ ein weiterer Auftritt mit absolutem Gänsehautfaktor.

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