Michał Karcz – Parallelwelten

World's Edge (Ausschnitt)

Wirklichkeit oder Manipulation? Eine Frage, die sich der Betrachter der Bilder von Michał Karcz hin und wieder unweigerlich stellt und deren Antwort sich nicht bei jedem Werk sofort erschließt. Manche menschenleere Landschaft – scheinbar weit weg jeglicher Zivilisation – wirkt absolut real. Man spürt beim Eintauchen in diese Bilder nahezu die Ruhe, die an diesen Orten herrschen muss – sofern sie existieren würden. Andere Bilder hingegen sind bedrückend. Endzeitliche Ansichten stimmen nachdenklich. Unwirkliche, phantastische Welten.

Michał Karczs Weg in die Kunst begann bereits in seiner Kindheit. Während der Vater mit der Kamera wichtige Ereignisse, aber auch die Natur ablichtete, begleitete und beobachtete ihn der 1977 in Warschau geborene Künstler. Noch heute erinnert sich der Absolvent einer Kunsthochschule an den Geruch des Gehäuses. Schon damals ahmte er den Vater nach, blickte durch den Sucher der Kamera und wählte die besten Fotografien aus.

Schnell nahm er auch selbst eine Kamera in die Hand. Jedoch war lange Zeit die Malerei seine große Leidenschaft. Ließen sich mit ihr doch Visionen abbilden, die mit anderen technischen Mitteln nicht zu verwirklichen waren. Erst Anfang des neuen Jahrtausends erschließt sich für Michał Karcz eine neue Welt, indem er den Aufnahmen nun Elemente hinzufügt und seine eigenen fotografischen Realitäten erschafft.

„Ich machte alles selbst. Das was meine Seele mir sagte. Ich lernte und fühlte. Meine Inspirationen der Komposition von Farben, deren Sättigung und Ausdruck und Szenerien, stammen von Meistern der Malerei wie John Martin, Z. Besinski, und Caspar D. Friedrich.“ Seine frühe Faszination für Malerei und Fotografie verband er mit Hilfe digitaler Techniken. „Die digitale Fotografie und Bearbeitungssoftware gaben mir die Möglichkeit, einzigartige Realitäten zu erzeugen, welche mit gewöhnlichen analogen Dunkelkammer-Techniken schwer zu erreichen waren.“ Das Ergebnis seiner neuen Arbeitsweise wurden Reisen zu nicht existenten Orten. Orte seiner Phantasie, Träume, Leidenschaften, Vorstellungen und Ängsten. Eine Flucht aus der Wirklichkeit.

Dabei wird Michał Karcz von vielen Künstler inspiriert – auch von Musikern: „Ich kann nicht behaupten, dass Musik den größten Einfluss auf mich hat. Aber Musik ist ein untrennbares Element mit Bildern in meinem Kopf. Eine Art musikalische Untermalung einer sichtbaren Szenerie.“ Und diese Musik erahnt man beim Betrachten der Bilder. So ist es nicht verwunderlich, dass in der Liste seiner Kooperationen und Auftraggeber diverse Bands bzw. Musiker (beispielsweise VNV Nation, Frontline Assembly, Steve Roach, Conjure One und Metal Church) aufgeführt sind.

Die Kamera ist der ständige Begleiter des polnischen Künstlers. Schließlich könnte sich jederzeit ein Motiv ergeben, durch dessen Anblick sich ein neues Bild vor dem geistigen Auge entwickelt. Oder die er für längst vorhandene Ideen benötigt.

„Der kreative Prozess besteht zunächst aus dem Gedanken und der Idee. Danach suche ich nach passenden Arrangements, Orten, Momenten. Häufig dauert das sehr lange. Ich habe viele Projekte, die ich noch nicht realisiert habe, weil Elemente fehlen.“

Ort, Zeit und Erinnerung sind die Verbindungsstücke zwischen Wirklichkeit und Vorstellung. „Wenn ich die Realität beobachte, sehe ich alles durch eine Linse. Ich sehe Rahmen, mögliche Motive, Szenen, Kompositionen.“

Real existierende Orte werden mit Hilfe der digitalen Bildbearbeitung zu einer faszinierenden Parallelwelt, in die der Künstler, dessen Arbeiten schon international (u. a. in Edinburgh, Paris und Los Angeles) ausgestellt wurden, den Betrachter einlädt. Folgen wir ihm in diese Welt voller verstörender Endzeitstimmungen, utopischer Landschaftsgebilden und märchenhaften Kompositionen.

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