Andy Winkler – Schattenwelten

Burgen, Schlösser, verlassene Gebäude umwehen eine geheimnisvolle und dunkle Atmosphäre voller Mystik und Melancholie. Die besonderen an diesen Orte vorherrschenden Stimmungen nehmen die meisten Besucher, welche sie mit offenen Augen betreten, gefangen und lassen sie nicht mehr los. Auch im Leben von Andy Winkler – verantwortlich für die Texte und Fotoaufnahmen der „Schattenwelten“ – übte das rätselhafte und düstere Ambiente dieser Örtlichkeiten frühzeitig eine starke Anziehungskraft aus. Schon im Kindesalter wurde durch mehrere Ausflüge mit seinem Vater zur Ruine des Auerbacher Schlosses sein Interesse an diesen besonderen Orten geweckt. Die unglaubliche Zahl von weit über Tausend Besuchen anderer Objekte sollte folgen. Etwa 60 dieser Gemäuer stellt er nun auf über 180 Seiten vor. Jedes einzelne wurde von Andy Winkler persönlich besucht und entsprechende Geschichten und Fakten erforscht. Sein Weg führte ihn dabei durch halb Europa.
Schnell erahnt man die immens große Arbeit, welche nötig war, um dieses Buch zu verwirklichen. Zu den jeweiligen Orten liefert der Autor Namen und Zahlen zur Entstehung, Bau und Zerstörung. Wie dies aber leider mit Jahreszahlen und Namen von Schlossherren und Rittern ist: es ist ein etwas trockener Stoff. Selbstverständlich ranken sich um die meisten Burgen und Schlösser zahlreiche Mythen und Legenden. Andy Winkler hat diese recherchiert und stellt die Geschichten um gewaltsam zu Tode Gekommene, Selbstmörder und andere Seelen, die keine Ruhe finden können oder wollen, vor. Mit zunehmender Lektüre nimmt die Faszination für diese Spukgeschichten aber etwas ab. Zu sehr scheinen sie sich letztendlich zu ähneln. Die Texte zu den jeweiligen Objekten entwickeln ihre Stärke, wenn persönliche Gefühle, Empfindungen, Erlebnisse und Eindrücke geschildert werden und Andy Winkler den Leser mit auf die Reise nimmt. Dem hätte man durchaus mehr Platz einräumen können. Besonders spannend wird es, wenn man eine Örtlichkeit selbst schon besucht hat und die eigenen Impressionen den individuellen Wahrnehmungen des Autors gegenüberstellen kann.
Neben Burgen, Schlössern, Ruinen und einigen leerstehenden Gebäuden in Deutschland, Frankreich, Belgien, Schottland, Schweiz und Rumänien gibt es auch zwei größere Beiträge über die morbiden Seiten Wiens und Prag – eine Stadt zwischen Licht und Schatten. Zusätzlich wird Dracula (Vlad Tepes), seiner Geburtsstadt, seiner Burg, seinem vermeintlichen Schloss, seinem Herrensitz und seinem Grab ein Platz eingeräumt.
Jeder Beitrag wird durch eine – manchmal auch mehrere – Fotografien in Schwarz-Weiß ergänzt. Das stimmungsvolle Titelbild – eine Infrarotaufnahme – zeigt die Abtei von Holyroodhouse in Edinburgh/Schottland vor einem dunklen Himmel. Mystisch und perfekt getroffen. Erinnerungen an den „Meister“ der Schwarz-Weiß-Infrarotfotografie von stillen Orten, Simon Marsden, werden geweckt. Hohe – zu hohe – Erwartungen werden hierdurch geschürt. Diese können leider selten erfüllt werden. Neben teilweise interessanten Aufnahmen fehlt mir persönlich wiederholt das gewisse Etwas. Zugegebenermaßen betrachtete ich die Fotografien mit einem sehr kritischen Blick. Wer hingegen keine Aufnahmen a la Simon Marsden erwartet, könnte an den teils dokumentarischen, teils stimmungsvollen Schwarz-Weiß-Aufnahmen durchaus seine Freude haben.

Verlag: Rudolf Hillebrand
www.photodeal.de
184 Seiten im Format 21×28,5 cm
104 Fotos, fester Einband, € 29,95 inkl. Porto
www.ruinenland.de

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