Ein Held heißt Rilke, einfach nur Rilke. Er hält sich für einen begnadeten Schriftsteller. Leider kann er mit seinem Buch-Manuskript „Der Flug des Pinguins“ keinen Verleger so recht begeistern. Damit sind wir beim Helden der Geschichte in der Geschichte. Nämlich Billy Pinguin, ein jugendlicher revoltierender Kaiserpinguin aus der Antarktis. Billy Pinguin verabscheut Schnee, Eis, Kälte. Verständlich. Aber er hat Schulbildung und Halbbildung aus der verlassenen Forschungsstation. Letztere hat Billy eine Gitarre und die Leidenschaft für Rock überlassen. Billy will nach Amerika und dort Rockstar werden. Nun, nach Amerika findet er nicht, aber er wird tatsächlich ein Rockstar. Allerdings auf abenteuerlichen Wegen. Was wohl so manche Parallele zu wirklichen Rockstars aufnimmt. Der Schreiber dieser Geschichte – Rilke nämlich – ist in jeder Hinsicht vollkommen verpeilt. Weder in ökonomischer, schriftstellerischer noch in beziehungstechnischer Hinsicht hat er auch nur einen kleinen Schimmer einer Ahnung von der Realität. Ein Chaot, ein Verlierer, ein blindes Huhn, welches kein Korn findet. Kein Geld, dafür Bier. Viel Bier. Sehr viel Bier. Zuviel Bier. Und damit haben wir auch schon eine Besonderheit der Schriftstellergeschichte: Gefühlte tausendfache Wiederholung von Steigerungen von Eigenschaften, Zuständen, Erlebnissen. Kurios zu lesen aus der Sicht eines Verlierers, der sich für einen literarischen Überflieger hält. Seine Geschichte von Billy Pinguin ist sein Lebensinhalt und Lebensmittelpunkt. Billy Pinguin wird für Rilke zum Idol, Ideal, zum Träger seiner Träume. Eine Identifizierung mit Billy? Nicht unbedingt. Billy tut etwas. Rilke lässt tun. Lässt sich schieben, schubsen. Lässt andere entscheiden. Rilke klammert sich an die Geschichte von Billy Pinguin. Ein Kaiserpinguin, der wie er – Rilke – etwas Besonderes innerhalb der umgebenden Masse darstellt. Und der sich den Erfolg ertrotzt, erkämpft. Ja besser noch: Billy Pinguin fliegt. Jedenfalls in Rilkes Geschichte.
Der Flug des Pinguins – schon bald ahnt der Leser, wie diese Geschichte enden wird. Doch die absonderliche Sprache der Pinguingeschichte ist dermaßen abstrus – also eigentlich möchte ich es als Blödsinn abtun, kann aber nicht ablassen, die Gedanken, Pläne und Erlebnisse von Billy zu verfolgen. Gitarre spielend in den Straßen von Kapstadt! Wie kommt man auf solch eine Idee?! Jedenfalls passt die Sprache zur verrückten Idee eines Gitarre spielenden Kaiserpinguins.
Rilke findet letztendlich auch sein erfülltes Leben mit Ordnung und festen Regeln. Er setzt auch alles daran, dieser Ordnung nicht verlustig zu gehen.
„Der Flug des Pinguins“ ist ein Buch, welches man trotz Ermangelung inhaltlicher tiefschürfender Gedanken, nicht mehr zur Seite legt. Denn irgendwo sitzt immer ein kleines „Aha“. Und es ist amüsant. Und voller Phantasie.
Buch, Softcover 210 Seiten
ISBN 978-3-943412-01-7