Klaus Märkert – Schatten voraus

Es ist nicht das erste Buch von Klaus Märkert, welches ich in Händen halte und in der Folge verschlinge. Zumal mir der ganz besondere Vortragsstil des Autors wohlbekannt ist. Und so klingen mir die skurrilsten Sätze in seinem lakonischen Tonfall in den Ohren.

Klaus Märkert über sich selbst: Ich war Sozialarbeiter, Taxifahrer, DJ, Schallplattenverkäufer, Diskothekenbetreiber (u.a. Mitbegründer der legendären Dark-Wave-Diskothek Zwischenfall) und Musikredakteur bei Marabo (Szenemagazin im Ruhrgebiet). Ende der Neunziger Jahre habe ich kreative Schreibkurse in der Erwachsenenbildung (mit)geleitet.“ Heute erinnert Märkert mit seinen DJ-Sets an die 80er-Jahre und liest aus seinen Büchern vor. Wenn er denn nicht gerade mit Schreiben beschäftigt ist.

Abgesehen von den biographischen Büchern sind Märkerts Geschichten immer schräg, zuweilen recht makaber und trotzdem irgendwie von seltsamem Humor. Also schlug ich gespannt das vor mir liegende Buch auf und flog durch die wirre Geschichte des Clark Kind.

Der Klappentext:

„Gelingt es Krokette, den Montagskiller zu überführen? Und warum sitzt Xaver Schnitzer gefesselt und geknebelt in der Abstellkammer von Margret Rusche?
Was hat es mit Grauhaus und der geheimnisvollen Roxanne auf sich? Sind Indra, die Frau vom Kampfmittelräumdienst und Roy, der Marinesoldat a. D., tatsächlich Clark Kinds Freunde, und wie stehen all die skurrilen Geschehnisse in und um Grauhaus miteinander in Verbindung?
‚So witzig wie wahnsinnig, jedoch am Ende logisch‘, könnte die Kurzformel für Klaus Märkerts Nachthumor-Roman lauten.

‚Schau mal dort‘, sagte ich zu Roy, ‚ein Fuß.‘
‚Nach der Zehenstellung zu urteilen ein linker Fuß‘, sagte Roy.
Ich fand seine Antwort beinahe so befremdlich wie die Sache selbst, wollte es damit jedoch nicht bewenden lassen und sagte: ‚Meinst du, er ist schon lange ab?‘
Roy erhob sich aus seinem Sessel, bewegte sich zur Schrankwand, nahm den Fuß aus der Vase, von dem eine Flüssigkeit auf den Boden tropfte, roch an dem Fuß wie ein Spürhund und sagte: ‚Vielleicht ein oder zwei Wochen.‘“

Der Fuß in der chinesischen Vase ziert auch das schwarze Cover, was für ein erstes Fragezeichen sorgt. Gleich die ersten Sätze rufen ein Grinsen hervor: eine kurze philosophische Betrachtung, ob man ein linkes Nasenloch noch als ein linkes bezeichnen kann, wenn es ein rechtes gar nicht gibt. Doch diese Überlegung war noch einfach. Schwieriger und etwas explosiv ist die Begegnung von Clark und der Gothic-Frau Roxanne am Flaschenrückgabeautomaten. Um sie wiederzusehen, sucht und findet Clark eine Wohnung in ihrer Nähe. Im Grauhaus. Obwohl… eigentlich findet nicht Clark das Grauhaus, sondern das Grauhaus ihn. Die weiteren Mieter, die das Grauhaus beherbergt, erscheinen  zunächst nur irrsinnig. Mit der Zeit alptraumhafte Charaktere annehmend. Es gibt Träume, bei denen einem bewusst ist, zu träumen, ohne sich davon lösen zu können. Dort tauchen die verrücktesten Phantasien auf. Klaus Märkert scheint solche Un-Wesen erst in der Schublade eingesperrt und jetzt ins Buch gebracht zu haben. Und – wie in Alpträumen – verhält sich Clark ebenso wie die anderen Grauhausbewohner. Bizarr. Das 120-Seiten-Geschehen scheint ein subtiler horrormässiger Spaß zu sein. Ein ungutes Gefühl schleicht sich schon ein, wenn Grauhausbewohner nicht mehr anzutreffen sind und sich wie in einem Traum auflösen. Ein weniger deutlich erwartetes Ende ruft bei mir ganz andere Assoziationen hervor. „Schatten voraus“ werde ich gleich noch einmal lesen. Mit dem Schluss im Kopf.

ISBN: 9783946643005

» Klaus Märkert
» eygennutz Verlag

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